Hallo liebe Flechtenfreunde,
letztes Wochenende war eines der seltenen Wochenenden des bisherigen Winters an dem mal alle Familienmitglieder gesund waren- das musste natürlich ausgenutzt werden für einen Ausflug! An einem Rastplatz auf einer Anhöhe oberhalb eines Bachtals im Fränkischen Jura habe ich mir während der Brotzeit die dort stehenden älteren Rotbuchen etwas genauer angesehen. Neben Graphis scripta agg. und einem hübschen Lebermooslein (btw. kann das jemand aus dem Stehgreif benennen?) konnte ich eine mir bisher unbekannte Flechte finden.
Der Thallus war farblich etwas dunkler, Richtung blaugrau bis olivgrün im Vergleich zur direkt benachbart wachsende Graphis. Die Zuwachszone etwas ins Bräunliche gehend. Zentral fallen die relativ großen (bis ca 0,7mm) schwarzen Perithecien auf.
Mikroskopisch zeigen sich dünne, unverzweigte Paraphysen; die lanzettförmigen bisweilen 1 bis 3 fach septierten Sporen mit 4 Öltropfen sitzen uniserat, schräg, zu acht in den Asci. Keine Reaktion auf Lugol, das Sub-Hymenium zeigt jedoch eine starke blutrote Reaktion auf KOH. Zwischen Perithecienwand und Hymenium befindet sich eine Schicht mit rotbraunem granulärem, teils kristallinem Material. Der Photobiont zeigt polyedrisch bis rundliche Zellen. Mit diesen Merkmalen und einer Sporengröße von 20.5 - 23.6 × 6.2 - 7.6 (8.1) µm lande ich nach dem großen Wirth (Fl. BaWü) bei Pyrenula nitida, der "Großen Pickelflechte". Die dort aufgeführten Verwechslungsarten P. nitidella (hat größere Sporen) und P. laevigata (reagiert mit KOH gelb, Thallus silberweiß) würde ich ausschließen. Auch der Schlüssel bei Italic führt mich (ausnahmsweise einmal) ohne Zweifel zu dieser Art.
vlnr: Lebermoos, Graphis, Pyrenula nitia
Schnitt durch ein Perithecium leider mit Schrumpfungsartefakt
+KOH 20%
Rotbraunes Pigment im Subhymenium, H20
KOH
Thallus, H20
Das einzige was mich wundert: als Photobiont wird Trentepholia angegeben- müssten die Algenzellen nicht rötlich sein?! Oder sind sie nur rot wenn sie solitär wachsen?
Martin KaMaMa weisst du was dazu?
Es hat sich gelohnt ein Stückchen Rinde eines abgestorbenen Baumes einzustecken (einen lebendigen hätte ich verletzen müssen da die Flechte sich nicht abkratzen lässt) - welch farbenfrohes Spiel unter dem Mikroskop!
Viele Grüße
Ingo