Gestern Leben gerettet

Es gibt 40 Antworten in diesem Thema, welches 11.987 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Pilz1990.

  • Oder zumindest schwere Gesundheitsbeeinträchtigung verhindert.


    Es ist einfach nicht zu glauben !!!


    Unsere Wälder sind von gut begehbaren Forstwegen durchzogen. Ich nutze die eigenlich nur als bequeme Möglichkeit, abgelegenen Fundstellen näher zu kommen, weil auf diesen Wegen im Moment Hinz und Kunz nach Pilzen suchen.


    Gestern auf dem Rückweg begegnen mir auf so einem Weg zwei Pilzsammler. Er und Sie, gesetzteren Alters und mit einem Korb bewaffnet, der mit einem Tuch bedeckt war (?). Mein Korb war gut mit Pfifferlingen, Semmelstoppelpilzen und einigen anderen Leckereien gefüllt. Das Abendessen für vier Personen halt.


    Man trifft sich also, grüßt freundlich und bleibt kurz stehen.
    Sie blickt in meinen Korb : " Oh, da haben Sie aber Glück gehabt "


    Ich bejahe freundlich.


    " Wir haben nur Stockschwämmchen gefunden "


    Stockschwämmchen ? Ich hatte diesen einen meiner Lieblingspilze dieses Jahr noch nicht gefunden. Meine Neugier war geweckt.


    " Darf ich mal sehen ? " frage ich.


    Sie nimmt das Tuch weg, und ich blicke auf die " Beute ". Es war eine stattliche Portion Gifthäublinge (Galerina marginata). Kein einziges Stockschwämmchen.


    " Da haben Sie aber auch Glück gehabt " sage ich.


    " Ja, nicht wahr. Und alle auf ein paar Quadratmetern " erwiedert Sie.


    " Nein" sage ich "Das meine ich nicht. Sie haben Glück gehabt, dass Sie mich getroffen haben und mir Ihre Funde gezeigt haben. "


    Ich habe den beiden dann erklärt, dass es sich nicht um Stockschwämmchen handelt, sondern um den Gifthäubling, und dass diese Pilze lebensgefährlich giftig sind.


    Sie erwiederte, dass sie damals in Ostpreußen schon Stockschwämmchen gesammelt habe, und das die genauso ausgesehen hätten. Und dass sie neulich erst Stockschwämmchen im Glas aus dem Supermarkt gekauft haben, die ebenfalls genauso aussähen.


    Die Dame wurde richtig fuchtig.


    Ihr Mann war inzwischen nähergekommen und mischt sich ein.


    " Höhr mal, der Herr hat viele verschiedene Pilze in seinem Korb. Schau mal, auch solche, die wir nicht kennen. Die würde er doch sicher nicht sammeln, wenn er sich nicht auskennt ".


    Lebensrettende Logik !


    Nach einigem hin- und her und meiner Einlassung, dass jeder selbst für sein Leben und seine Gesundheit verantwortlich ist und dass sie, wenn sie mir keinen Glauben schenken, doch bitte mit Ihrem Fund zu einer Pilzberatungsstelle gehen mögen, bevor sie diese Pilze zubereiten, kippte die Dame schließlich Ihren Korb am Wegrand aus.


    Sie vergaß dabei nicht, die ganze Beute zu zertreten, wahrscheinlich vermutete sie insgeheim noch, ich hätte das nur gesagt um die ausgeschütteten " Stockschwämmchen " nacher aufzulesen und selbst zu essen.


    Dann zogen die beiden leise diskutierend ab.


    Ich bin nun wahrlich nicht der Pilzexperte vor dem Herren, habe aber schon des öfteren Leute getroffen, die mehr als fragwürdige Beute gemacht hatten. Das " schlimmste " war mal einer mit ein paar Pantherpilzen, auch nicht toll. Auch habe ich ab und an schon Pilze in Körben gesehen, die zu bestimmen mir nicht möglich war. Da warne ich natürlich immer vor dem Verzehr und lege den Leuten nahe, zu einer Pilzberatungsstelle zu gehen.


    Aber sowas krasses ist mir wirklich noch nicht passiert.


    Der Grund warum ich das schreibe ist nicht, mich zu rühmen, sondern ein ganz anderer.


    Die Dame war ja ziemlich überzeugt von Stockschwämmchen. Ich weiß nicht was sie gemacht hätte, wenn Ihr Mann nicht auf sie eingewirkt hätte.
    Ich überlege immer noch, was ich hätte tun sollen, wenn die beiden darauf bestanden hätten dass es sich um Stockschwämmchen handelt und mit Ihrer Beute abgezogen wären.


    Die Polizei rufen ? Sie einfach ihrem Schicksal überlassen ?


    Was würdet Ihr in so einem Fall machen ??

  • Hallo Rada.


    Ja so ähnlich habe ich das auch erlebt, nachdem Zeitung und Radio die Leute dieses Jahr quasi dazu genötigt haben, Pilze sammeln zu gehen, sind dementsprechend viele Unkundige unterwegs.Mir ist das auch schon passiert; eine ältere Dame kam auf mich und meine Freundin zu und wollte von uns, dass wir ihr Ihre Pilze bestimmen.Ich sagte ihr, dass ich diese Verantwortung nicht übernehmen möchte zu entscheiden, ob sie die Pilze essen kann oder nicht. Verärgert ging sie dann weiter.


    Jeder ist seines Glückes Schmied.


    Ich hab mir dann auch die Frage gestellt, was ich machen würde, wenn jemand irgendetwas giftiges im Korb hätte.
    Ich hab mich dazu entschlossen, nicht in die Körbe der Leute zu gucken (manche stolzieren damit auch herum, als wären es Trophäen) und einen riesen Bogen um die Leute zu machen, um nicht in solch eine Situation zu kommen und sehne die Zeit herbei, wo ich wieder ganz allein im wald unterwegs sein kann.

  • Hallo Rada,


    ich finde, du hast verantwortungsvoll gehandelt. Ich würde es auch so machen.
    Es ist zwar jeder seines Glückes Schmied, aber u.U. ist auch jeder seines Bruders Hüter - wenn der "Bruder" es zulässt. Schließlich ist es eine ungefährliche Situation und keine lebensbedrohliche wie z.B. ein Gewaltausbruch aggressiver Skins gegen einen alten Herrn auf einem Bahnsteig, dessen Zeuge man wird.


    Ich würde mir eher Vorwürfe machen, wenn ich bei einer solchen Gelegenheit nur die Achseln zucken und meiner Wege gehen würde.


    LG


    Cara


  • Schließlich ist es eine ungefährliche Situation und keine lebensbedrohliche wie z.B. ein Gewaltausbruch aggressiver Skins gegen einen alten Herrn auf einem Bahnsteig, dessen Zeuge man wird.


    Naja, der Verzehr von Gifthäublingen kann schon lebensgefährlich sein. Zumindest zieht er erhebliche gesundheitliche Schäden nach sich.


    Man stelle sich vor, die beiden häten nicht auf mich gehört und wären abgezogen und später hätte ich in der Zeitung gelesen, dass sich zwei Pilzsucher vergiftet hätten und vielleicht daran gestorben sind.

  • Das ist mir klar.
    Ich meinte eine FÜR DICH ungefährliche Situation. Vielleicht reagiert eine ungläubige Giftpilzesammlerin beleidigt und etwas zickig, aber sie wird dir auf einen wohlgemeinten Rat hin wohl keinen neuen Scheitel ziehen ...

  • Wenn ich in die Situation kommen sollte, dass mir jemand seinen Fund zeigt und ich erkenne eindeutig "schlechte" Pilze (will heißen was giftiges oder z.B. Gallenröhrling) würde ich es auch sofort sagen. Dann brauche ich mir keine Vorwürfe machen. Egal, wie die Reaktion der Gegenseite ist.


    Grundsätzlich versuche ich aber seit einigen negativen Erfahrungen, den Kontakt zu anderen Pilzgängern und Blicke in deren Körbe zu vermeiden,
    a) weil geschätzte 70% der bisher getroffenen Pilzsammler Naturschänder sind, die alles, was nach Pilz aussieht abbrechen, ausreißen oder umtreten, um es genauer zu betrachten
    a) weil es mir zu unappetitlich ist zu sehen, was sie alles noch als "verwertenswert" mitnehmen
    b) weil ich mir nicht sagen lassen will, dass meine Totentrompeten, violetten Lacktrichterlinge und Flockis giftig sind...


    LG
    Eva

  • (...) Grundsätzlich versuche ich aber seit einigen negativen Erfahrungen, den Kontakt zu anderen Pilzgängern und Blicke in deren Körbe zu vermeiden, (...)


    Das sind auch interessante Aspekte, an die ich bisher nicht gedacht hatte, Eva.
    Ich spinxe ganz gern ein bisschen, möglichst unauffällig und unaufdringlich. Dann schätze ich ab, ob ich die Richtung, aus der der eifrige, mehr oder minder erfolgreiche Konkurrent aus dem dunklen Tann bricht, noch erkunden sollte oder das Terrain abgegrast ist. ;)

  • Hallo Rada


    ich finde du hast richtig gehandelt und sie nicht ziehen lassen! :thumbup:
    Würde ich auch so machen wenn ich Pilze als gefährlich/ ungenießbar einstufe.


    Aber wirklich eine üble Geschichte!


    Ich finds echt schrecklich, auch bei den Pilzberatungen wie manche einfach alles reinschmeißen und den Berater "sortieren" lassen, ok die kommen dann zum Glück höchstens einmal den sowas macht man nicht!


    Ohne geringsten Plan und ohne Buch finde ich Pilzesammeln für die Allgemeinheit wirklich gefährlich....


    Grüße Benny

    Pilze muss man kennen "lernen" das ist ähnlich wie bei Freundschaften... ;)


    Onlinebestimmungen sind nur als Bestimmungshilfen/Tipps anzusehen, sie ersetzen NIE
    den Gang zum Pilz-Sachverständigen! Keine Essensfreigabe im Forum!

    Einmal editiert, zuletzt von Benny M. ()

  • Das fällt für mich in die gleiche Kategorie wie Urlaub in einem fremden Land, ohne die gängigsten Floskeln in Landessprache zu beherrschen. Guten Morgen, guten Tag, guten Abend, bitte und danke sind doch wohl zu erwarten.
    Und genauso kann man doch mit den Pilzen anfangen. Sie machen es einem doch nun mehr als einfach. Man kann mit den Röhrlingen beginnen und sich langsam vortasten. So haben wir es auch gemacht. Jedes Jahr ein paar neue dazu und so bleiben einem Sammlerglück und Erfolgserlebnisse erhalten.

  • Hi Rada
    sicher haste da richtig gehandelt,vielleich wollte Sie auch ihren Begleiter loswerden,da Sie
    so trotzig reagiert hat :cool:........
    im Übrigen halte ich es wie Noatun/Eva,wenn ich schon aus der Entfernung
    Sandalenträger mit kurzen Hosen,Alditüte und plärrenden Kindern im Schlepptau sehe verschwinde ich schläunigst ;)

  • Puh, ehrlich gesagt waren wir noch nie in so einer Situation...
    Aber wir haben eigentlich immer unser Pilzbestimmungsbuch dabei, was denke ich, in solchen Fällen ganz praktisch erscheint. Dann können sich solche ungläubigen Pilzsucher doch gleich vor Ort überzeugen... ohne lange Diskussion :)

  • Hallo Rada,


    du hast genau richtig gehandelt. Genauso würde ich es auch machen. Was auch immer die Leute letztlich mit den Pilzen anstellen, du hättest dir nichts vorzuwerfen.
    Ich verstehe bloß nicht die Ignoranz mancher Leute. Wenn mir eine Person entgegenkommt und sagt, dass der Pilz, den ich im Korb habe, giftig ist, würde ich mich garantiert nicht noch darum streiten. Ich würde auf den Rat hören und ihn wegtun oder zur Pilzberatungsstelle fahren.


    Viele Grüße


    Pilz1990


  • Was die Leute aus den Ratschlägen machen, ist dann ihre Sache.
    aber man hat sich dann nichts vorzuwerfen.


    Hmm.Naja wenn man jemanden auf deren Nachfrage sagt es wären Stockschwämmchen, wobei es sich dann vieleicht doch um Gifthäublinge gehandelt hat und man dann eine Woche später in der Zeitung liest: Pilzsammler an Vergiftung gestorben, weiss ich nicht, ob man sich dann nichts vorzuwerfen hat.

  • Höchstwahrscheinlich würde es reichen, schlicht und einfach Kompetenz zu beweisen.
    Z.B. dadurch, dass man freundlich und eindringlich erwähnt, dass eben gerade das Stockschwämmchen zu den Pilzen gehört, die tödlich giftige "Doppelgänger" haben.
    "Übigens handelt es sich um dieselben chemischen Wirkstoffe (Amantinine) wie beim Knollenblätterpilz" bewirkt meist Wunder schlagartiger Einsicht.
    Zumindest macht es einen souveränen, wissenden Eindruck. ;)


    Pilzvergiftung

  • Man ist in jedem Fall in der Verantwortung zu warnen, aufzuklären. Die Selbstvorwürfe die man hinterher hätte , könnt man sich selbst wohl ziemlich schwer vergeben. An der Verantwortung hätte man schwer zu tragen.


    Saat - Ernte - Prinzip.

  • Hallo Zusammen,


    nachdem ich letztens ein ähnliches Erlebnis hatte,
    ("Ein denkwürdiges Treffen")
    werde ich künftig den Kontakt zu anderen Sammlern suchen.


    Mag sein,dass man ab und zu seltsam angesehen wird,aber entweder lernt man etwas oder kann evtl dem einen oder anderem eine Pilzvergiftung ersparen.
    Außerdem ist so etwas jedes mal ein gute Übung;)


    Gruß,
    Johannes

  • sirw , das finde ich vernünftig,
    ich finde es doof wenn man immer alles für sich alleine haben will.


    Wenn mans hat, kann mans ja auch geniessen, aber wenn nicht muss man sich eigentlich der Situation stellen und an der Gesellschaft teilhaben. Ich denke dieses Phänomen der Neuzeit alles für sich alleine haben zu wollen bringt nichts Gutes. Wir sind keine Eremiten. Der Mensch ist nicht geschaffen um alleine zu sein. Auf der einen Seite plädieren sie dafür altes Wissen weiterzugeben, kaufen sich Bücher und bringen es den Kindern bei, und dann im Wald? Komisch.


    Hört sich irgendwie komisch an, mal freundlichst bemerkt.


    Wobei ich hier niemanden persönlich anspreche denn ich merke mir äusserst selten wer was geschrieben hat, aber zwischen den Zeilen lesen, ist ja nicht so schwer.

  • Hallo Vera,


    ohne jetzt auf kleinkarriertes Denken einzugehen-gegenteiliges Handeln wäre schon fast strafbar-überspitzt ausgedrückt.
    Von dem Standpunkt her betrachtet mache ich das Beste aus der Situation.


    Lieber Gruß,
    Johannes

  • Absolut richtig gehandelt !


    Wenn jemand mit einer Flasche Nitoglycerin in der Gegend umherläuft, es in großen Lettern draufsteht und er analphabet ist, würd ich auch nicht sagen: schuttel halt mal...


    MfG Michael

    Bei Regen oder Sturm, hol ich den Pilz noch vor dem Wurm...


  • Was würdet Ihr in so einem Fall machen ??


    Also ich... gesetzt den Fall, ich würde mich so gut auskennen, wie Du... würde wirklich die Polizei rufen!


    Die älteren Leute sind manchmal etwas verbohrt... Aber Sturheit darf kein Grund sein, um jemanden sehenden Auges in sein Verderben laufen zu lassen.


    Ich hätte sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen.


    Aber mal Hand auf ´s Herz... Was hättest Du denn getan, wend er Mann nicht einsichtig gewesen wäre????

  • Aber mal Hand auf ´s Herz... Was hättest Du denn getan, wend er Mann nicht einsichtig gewesen wäre????


    Heute und in Zukunft, nach gründlichem Nachdenken hinterlaufen bis die Möglichkeit besteht die Polizei zu rufen ( Handy hab ich im Wald nicht dabei).


    Oha... Im Wald unterwegs ohne Handy??? Was machst Du, wenn Du dort stürzt und Dir ein Bein brichst? :/


    Na gut... ich gebe es zu... Ich bin auch oft genug mit einem Handy unterwegs, wo der Akku leer ist und merke es nicht einmal. :shy: Aber zumindest denke ich daran, es mit zu nehmen... falls was passiert... :shy: :shy: :shy: :D :shy: :shy: :shy: ... ;)

  • Ich würde heute dasselbe tun, was ich in der Zeit von vor etwa 20 Jahren gemacht hätte, als Handys noch nicht Usus waren. ;)


    Im Ernst. Ich überlege tatsächlich, mir so ein Ding anzuschaffen. Man wird ja nicht jünger und es kann unterwegs auch mal ein Herzinfarkt oder sowas passieren.