Sinn und Zweck von Pilzgift?

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 4.281 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von blacksheep06A.

  • Hallo liebe Pilzfreunde,


    ich hab mal ne etwas abgefahrene Frage an die Experten. Warum wohl machen sich manche Pilze die Mühe tödliche Gifte zu produzieren, während die anderen die das nicht tun, auch ganz gut leben können? Verwunderlich finde ich auch, dass die eigentlichen Fressfeinde ja wohl weniger wir "Säugetiere" sind, sondern eher die Schnecken und Mücken etc, gegen die das Gift aber gar nicht wirkt. Habe bisher in einschlägigen Büchern keinen Hinweis gefunden. Gibts dazu irgendwelche Erkenntnisse?


    Lieben Dank schon mal,


    Alex

  • Hallo Alex,


    ich denke, Dein Ansatz ist falsch, und das erzeugt Deine Fragen.


    Pilze rüsten sich nicht mit Giften aus. Das ist ganz einfach eine Folge der Evolution. Eines der Auswahlkriterien der Evolution ist " gefressen werden ". Gefressen wird, was satt macht und verträglich ist. Vielleicht gab es innerhalb der heute existierenden Giftpilze mal Arten, die sowohl ungiftige als auch giftige Individuen hatte. Möglicherweise gekoppelt an den Standort oder eine bestimmte Symbiose. Während nun die ungiftigen gefressen wurden, blieben die giftigen unberührt und setzten sich innerhalb ihrer Art durch. Gleichwohl entwickeln sich auch die Freßfeinde weiter. Manchen Arten gelang es über unendlich viele Generationen, gegen die Giftstoffe immun zu werden, anderen nicht. Manche Insektenarten können sogar das Gift Ihres Futters speichern und werden so selbst giftig für ihre Freßfeinde.


    Zwischen Fressern und gefressenen herrscht ein ständiges Wettrüsten, permanente Anpassung an veränderte Bedingungen.


    Die für den Menschen ungiftigen Pilze sind möglicherweise für andere Freßfeinde wiederum giftig oder ungenießbar. Andere Arten haben vielleicht statt Gifteinlagerungen andere Überlebensstrategien entwickelt, z.B. extrem hohe Vermehrung.


    " Giftig sein" ist kein geplantes Vorgehen, sondern schlichtweg eine zufällig im Zuge der Evolution entstandene Folge der natürlichen Selektion. Und nichts auf dieser Welt ist giftig für alles und jeden.
    Da ist immer irgenwer, der Dich anknabbern möchte und das auch unbeschadet verträgt.;)

  • hi,
    ich kann mir auch vorstellen,das sich der pilz sich auch teilweise selber aussucht,von wem er gefressen werden darf,zwecks sporenverteilung.
    es kann ja sein,das einige insekten die sporen ja wieder ausscheiden.oder mit sich tragen,und wieser anderswo verteilen...
    lg gaby


  • ich kann mir auch vorstellen,das sich der pilz sich auch teilweise selber aussucht,von wem er gefressen werden darf,zwecks sporenverteilung.


    Hallo Gaby,


    In gewisser Weise wählen die Pilze ja auch selbst aus, wie schon richtig von Rada erklärt, von wem sie gefressen werden dürfen, aber eben nur indirekt.
    Man könnte auch sagen, es wird für sie vom Zufall ausgesucht. ;)


    Es gab z.B. sicher mal einen 'Ur-Wulstling', der Urahne vom Grünen Knollenblätterpilz und vom Perlpilz. Durch zufällige Mutationen änderten sich über Millionen von Jahren die Eigenschaften, nicht nur das Aussehen, sondern eben auch die 'Inhaltsstoffe'.
    So entstanden die verschiedensten Arten, von denen sich nur die heutigen durchsetzen konnten, d.h. sie waren am besten an ihre Umwelt angepasst und hat zum einen oder anderen Zeitpunkt sicher auch mal 'Glück' nicht durch evolutionäre Ereignisse auszusterben.
    So könnte es vielleicht auch mal einen Wulstling gegeben haben, der im dunkeln grell geleuchtet hat und zudem auf 5 Meilen Entfernung nach Honig roch und somit alle Primaten der Umgebung anlockte. :D Leider wurden die Fruchtkörper dieser Art schon weit vor der Sporenreife verputzt, so dass sie sich nicht gut ausbreiten konnte und letztendlich ausstarb.
    Den Perlpilzen wird so ein Schicksal vielleicht nicht ereilen, da nicht viele Menschen ihn aus Angst vor dem Grünen Knolli nicht sammeln. :D
    Anders sieht es vielleicht beim Pfifferling aus, ihm wird es vielleicht zum Verhängnis, dass er sich zum Speisepilz für den Menschen entwickelt hat. Zunehmende Sammelaktivität in den vergangenen Jahrzehnten, kombiniert mit anthropogener Zerstörung der günstigen Biotope könnte ihm vielleicht irgendwann den Gar ausmachen. :( Um dies zu verhindern ist er auch gesetzlich geschützt. :cool:


    Grüsse,


    matze

    Glucken-Counter 2010: 8 ;)
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  • Hallo Alex,


    hier noch ein Link, der die "Gifte" auch am Rande streift, aber einen Einblick in die Thematik Stoffwechsel/Evolution gibt.


    farbe-und-andere-merkmale-die-nicht-zur-pilzvermehrung-t-2244.html#pid14378[hr]
    Hallo Matze,


    ich werfe noch eine Hypothese in die Runde:


    Es gab mal einen Urwulstling, dessen Stoffwechsel-Nebenprodukt zufällig für Schnecken-Nasen attraktiv war und diese Vielfraße anlockte. Eine Schnecke frisst den Pilz samt seinen Sporen und verschleppt diese dann mittels Ihrer Ausscheidungen. Im Schneckenkot keimten die Sporen besser aus, als die auf den Detritus gefallenen. Leider war diese für Schnecken gut riechende Substanz auch gleichzeitig für zweibeinige Primaten ein schlimmes Leber/Nieren-gift, also für den Urwulstling ein geschickter Nebeneffekt:-)


    Grüßle
    Juergen


    p.s.: Der grüne Knollenblätterpilz schmeckt anscheinend sehr gut. Es gab da mal kulinarische Versuche, allerdings ohne runterschlucken:-)

  • Vielen Dank für all Eure interessanten Gedanken! Ich dachte schon, die Frage wär blöd :). So insgesamt hab ich den Eindruck - Nix gwiss woass ma net, wie man hier in Bayern sagen würde. Nochmal für alle Nicht-Bayern: So richtig genau weiss es keiner. Aber das macht ja nix, solange unsere kulinarischen Lieblinge nicht allzuschnell auf die Idee kommen, sich was neues Giftiges "einfallen" zu lassen - also ganz zufällig :)


    Gruss,


    Alex