Angesichts einiger Dispute um Bestimmungsanfragen und machen Reaktion darauf, möchte ich mal etwas zum Nachdenken und gerne auch diskutieren in die Runde werfen.
Zunächst einmal zu den Anfragen allgemein.
Es ist in jedem, wirklich jedem, Fachforum absolut normal, dass man eben nicht zuerst die Boardregeln liest, nicht die festgepinnten Informationen, wie man was zu fragen hat und welche Details man wie beschreiben soll.
Der Neuling möchte Infos, bemüht eine Suchmaschine, stösst auf ein Forum, registriert sich und knallt enthusiastisch seine Frage da rein.
Nicht selten in einer Art und Weise, dass eine seriöse Antwort gar nicht möglich ist.
Das ist für die etablierten Forenmitglieder oft unverständlich, aber jeder möge sich bitte mal an die Eigene Nase fassen.
Man kommt spät abends nach Hause und an der Hoflampe sitzt ein Nachtfalter. Irgendwie scheint er interessant. Man macht ein, zwei Fotos und stellt die in ein Insektenforum um zu erfahren, welche Art man da gesehen hat. Ich glaube nicht, dass mehr als 1% der Fragesteller, alle taxonomisch notwenigen Angaben machen kann. Ich glaube auch nicht, dass sich die Mehrzahl die Mühe macht, zunächst nachzuforschen, welche das denn sind.
Jeder von uns ist im Prinzip ein Depp, wenn er völliges Neuland betritt.
Dann zur Bestimmung allgemein.
Wer sich mit irgendwelchen Bestimmungsarbeiten, seien es Insekten, Pflanzen, Fische, Mineralien , Pilze oder was auch immer, beschäftigt weiß, dass zur Bestimmungsarbeit immer bestimmte Angaben unerlässlich sind.
Es sind aber eben nicht die meißten Menschen, die in irgendeiner Form schon mal enger mit Bestimmungsarbeit auseinandergesetzt haben.
Dieser Masse Mensch fehlt jegliches Bewusstsein für die Komplexität der Materie. Für sie ist " Pilze bestimmen " in etwas so, wie Automarken raten. Sie glauben, der " Fachmann " kann durch bloßen Anblick eine bestimmte Art zweifelsfrei erkennen. Das Foto ist zwar unscharf oder zeigt nur den Pilz von oben, aber in ihren Augen zeigt das Bild genug um dem Fachmann eine Bestimmung zu ermöglichen.
Naivität aus Unwissenheit geboren, vollkommen menschlich und normal.
Und so stoßen sie vollkommen unbedarft auf den Fachmann.
Der befindet sich zunächst auf einem ganz anderen Level. Die Grundvoraussetzungen für eine seriöse Bestimmung sind für ihn so selbstverständlich wie atmen, essen und trinken. Er steigt auf einer ganz anderen Ebene in eine Bestimmung ein.. und läuft sofort vor die Wand, wenn die erforderlichen Angaben unvollständig sind oder gar vollkommen fehlen.
So wie dem Fragesteller das Bewusstsein für Bestimmungsarbeit fehlt, fehlt manchem Fachmann das Bewusstsein für die Komplexität der Anforderungen, die an einen Neuling gestellt werden. Es fehlt manchmal die Einsicht das es notwendig ist zunächst einmal das unterste Level zu betreten und dem Fragesteller zu erklären, wie man überhaupt richtig fragt um eine seriöse Antwort zu bekommen.
Manchmal wird dann unwirsch, ja sogar unhöflich zurechtgewiesen. Das aber stößte den Fragesteller vor den Kopf, schreckt ihn wohlmöglich ab.
Ich finde, das sind verpasste Chancen. Jeder Fragesteller hat den Keim des Interesses in sich, sonst würde er sich gar nicht erst die Mühe machen zu fragen. Aber bei jedem besteht die Chance, dass sich aus der ersten Frage ein tieferes Interesse bildet, dass er lernt und bereit ist, sich Wissen anzueignen.
Und da ist es m.E. die (freiwillige) Aufgabe des Fachmannes, diesen an der Hand zu nehmen und auf das erste Level zu führen. Freundlich und aufklärend aufzuzeigen wie man was machen muss, um befriedigende Antworten zu bekommen. Da trennt sich dann auch bei den Neulingen die Spreu vom Weizen. Die einen (die meißten?) werden das als zu schwierig ansehen, als der Mühe nicht wert. Die tauchen dann in der Folge auch meißt nicht mehr auf. Einige (wenige) aber werden sich in die Sache vertiefen, lernen und vielleicht später selbst zum Fachmann. Und um genau diese ist es Schade, wenn sie gleich am Anfang verprellt werden.
Will sagen:
Kein Fachmann ist gezwungen sich eines Neulings anzunehmen und ihn freundlich und nett einzuweisen. Das kann man nicht verlangen und niemand hat einen Anspruch darauf.
Aber, kein Fachmann ist genötigt, Neulinge abzubügeln und deren Unwissenheit als Dummheit öffentlich anzuprangern.
Auch der Fachmann kann sich, so er genervt oder brüskiert ist, ganz einfach eines Kommentares enthalten.
Für mich identifiziert sich der wahre Fachmann nicht durch bloßes Fachwissen, gleich wie groß dieses ist, sondern in erster Linie dadurch, ob und wie er dieses Wissen an andere weitergibt.