Ich verstehe das Argument, dass eine stumpfe App-Bestimmung eher davon abhält, in die Systematik der Pflanzen- oder Pilzbestimmung einzusteigen. Aber das ist schlicht nicht der Anspruch von einem großen Teil der Anwender. Die wollen einfach wissen, was das ist und welche Eigenschaften die Pflanze oder der Pilz hat. Fertig. Ob ich mittels App bestimmt habe oder mittels 1,5m Fachliteratur im Regal und jahrelanger Übungen, ist am Ende in vielerlei Gesichtspunkten hin egal.
Ich kann nicht alles wissen, denn meine Zeit ist endlich und mein Interesse gezwungenermaßen selektiv. Neben Pilzen als Hobby, PSV-Tätigkeit, zig Chorkonzerten im Jahr nebst Proben, Hobby-Fotografie, Sport und Möbelbau hab ich noch einen Job. Und ein gerade gekauftes Haus mit Renovierungsbedarf. Dazu ein großer Garten. Und nicht zuletzt eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die nahezu meine gesamte freie Zeit fordert. Im Zweifelsfall werde ich also nicht etwa lernen, wie man Pflanzen bestimmt, sondern ich frage jemanden der sich auskennt, oder sterbe dumm. Aber selbst wenn ich viel Zeit hätte, wäre es gleichermaßen daneben, zu fordern dass nur der Gelehrte etwas wissen darf.
Die Möglichkeit, dass mich Apps dazu ermächtigen, Pflanzen oder bspw. Käfer zu bestimmen, ist daher mehr als großartig. Sie senken ganz erheblich die Schwelle, mich überhaupt mit diesen Themen auseinanderzusetzen.
Der zentrale Kritikpunkt, bei dem nicht zuletzt die PSVs (und im Wortsinn später auch die Pilzesucher 🤮 ) Bauchschmerzen bekommen, ist doch im Grunde "nur" die Qualität der Bestimmung, vor allem im Hinblick auf den Verzehr. Die Apps suggerieren eine hohe Bestimmungssicherheit, die aber gar nicht gegeben ist. Gerade bei Pilzen ist die Bestimmungsleistung oft mäßig, und kann schnell gesundheitsgefährlich werden. Davor muss man warnen und den Nutzern beibringen, wieviel diese Bestimmungen wert sind und wie sie einzuschätzen sind. Letzten Endes zielt das aber in Richtung Medien- bzw. Netzkompetenz.