Hallo Corne,
das ist ja schade, dass Ihr die Strapazen auf Euch genommen habt, um dann mit Peltigera didactyla nur eine gewöhnliche und häufige Art zu sehen.
Aber: Bist Du sicher, dass Du Herrn Gnüchtel exakt die Schildflechte zeigen konntest, die man auf Deinem Foto sieht? Manchmal sind 2 oder 3 Peltigera-Arten auf engem Raum miteinander vergesellschaftet. Vorweg hier nochmal Dein Foto:
Die Peltigera spec. vom Dresdener Heller
Fotos können manchmal extrem täuschen, aber Peltigera didactyla vermag ich hier beim besten Willen nicht zu erkennen.
Um sicher zu gehen, habe ich gestern ein größeres Vorkommen der Peltigera didactyla auf einem Sandmagerrasen in der unmittelbaren Nähe meines Wohnortes aufgesucht und versucht, Exemplare zu finden, die den Schildflechten auf Deinem Foto nahekommen. Das ist mir nicht gelungen!
Hierzu muss man wissen, dass Peltigera didactyla eine kurzlebige Pionierart ist, die in zwei Lebensphasen auftritt, die ineinander übergehen. Dies ist mit starken morphologischen Veränderungen verbunden, wobei man in größeren Populationen häufig beide Phasen und alle Übergänge zur gleichen Zeit nebeneinander findet.
So sind junge Exemplare durch zahlreiche auf der Thallusoberfläche sitzende, rundliche Sorale gekennzeichnet, die der vegetativen Vermehrung dienen. Mit diesen Soralen ist die Art nahezu unverwechselbar (nur die verwandtschaftlich sehr nahestehende Peltigera extenuata ist ähnlich).
Mit zunehmenden Alter der Fruchtkörper erfolgt dann meist der Übergang in eine sexuelle Phase in der dann Apothecien ausgebildet werden. Dabei verschwinden die Sorale weitestgehend, aber meist nicht restlos.
Hier ein Foto von P. didactyla in der Übergangsphase (mit schon einigen jungen Apothecien und noch zahlreichen Soralen).
Bei der Peltigera auf Deinem Foto sind Apothecien auch schon in der Entwicklung, von Soralen aber nirgends die geringste Spur.
Erst wenn die Bildung der Apothecien weitestgehend abgeschlossen ist, sind kaum noch Sorale zu finden, so wie bei diesem Beispiel:
Typisch für P. didactyla ist ferner ein deutlich erhabenes Netz aus Adern auf der Rückseite der Thalli und von diesen Adern reichen meist auch zwei bis in die Lappenenden, an denen die Apothecien gebildet werden, siehe das folgende Foto:
Solche erhabenen Adern sind bei den Schildflechten auf Deinem Foto nirgends zu entdecken, obwohl es dort einige zur Spitze hin „umgeklappte“ Lappen gibt, die schon eine gewisse Vorstellung von der Rückseite der Thalli vermitteln.
Auffällig bei den Schildflechten auf Deinem Foto sind auch die zahlreichen Brüche und Risse in den recht starr und dick erscheinenden Thalli. Diese wären für P. didactyla eher untypisch, während dergleichen bei P. neckeri öfters zu beobachten ist.
Womit wir bei der Art wären, die ich hier vermute. Man könnte jetzt durch Vergleich der Fotos noch weitere kleine Details herausarbeiten, die P. didactyla unwahrscheinlich erscheinen lassen, da es aber bei der Thallusoberfläche einen großen und eindeutigen Unterschied zwischen den beiden Arten gibt, sollte man bei der Bestimmung zunächst das Folgende klären.
Peltigera didactyla gehört zu den Arten mit einer dichtfilzigen Oberfläche, die spätestens bei Beginn der Apothecienbildung sehr deutlich ausgeprägt ist. Peltigera neckeri hat dagegen eine glatte (kahle) Oberseite.
Die Flechten auf Deinem Foto sind möglicherweise noch so gut durchfeuchtet, dass eine filzige Oberfläche (wie für P. didactyla zu fordern) nur schwer zu erkennen ist, mit zunehmender Austrocknung müsste die Thallusoberfläche von P. didactyla dann aber so aussehen wie auf den folgenden Fotos.
Vergleich P. didacytla (links) mit P. neckeri (rechts):
Gut durchfeuchtet
Nach ca. 5 min in trockener Zimmerluft
Nach ca. 10 min
Völlig trocken (nach 12 Stunden)
Diesen Test kannst Du selbst leicht durchführen, wichtig ist nur, dass Du dafür auch tatsächlich die Flechten entnimmst, die Deinem obigen Foto entsprechen. Leider ist Dresden gut 350 km von mir entfernt, sonst wäre ich schon vor Ort. Korrektur: es sind sogar über 450 km!
LG Ingo