Waldmeister (Galium odoratum)
Auf besonderen Wunsch versuche ich einmal den in vielerlei Hinsicht äußerst interessanten Waldmeister kurz und dennoch mit den verschiedenen Aspekten vorzustellen.
Eine meisterhafte, mütterliche Königin im Wechsel der Zeiten
Der Waldmeister ist eine uralte Heilpflanze die beinahe in Vergessenheit geraten wäre, wenn es da nicht die Waldmeisterbowle gäbe. Auch diese ist ein uraltes traditionelle Getränk das erstmalig im Jahre 854 von dem Benediktinermönch Wandalbertus genannt wird:
"Schüttle den perlenden Wein
auf das Waldmeisterlein".
Doch bereits die Germanen würzten ihr Bier mit Waldmeister, vor allem zu den Maifesten, und dies hat sich ebenfalls bis heute in der Berliner Weiße erhalten.
Die medizinische Nutzung geht noch viel weiter zurück. Ursprünglich hieß der Waldmeister "Waldmutterkraut". Irgendwann fand dann im deutschsprachigen Raum allerdings eine "Geschlechtsumwandlung" statt, in Frankreich heißt er dagegen noch immer "Reine de Bois", also Königin des Waldes. Jedenfalls gehört der Waldmeister zu den Pflanzen, die unter den Begriff "Maria Bettstroh" fallen, und diese Nutzung geht auf eine sehr alte vorchristliche Sitte zurück (lediglich der Name wurde in Maria Bettstroh "christianisiert").
Herzlichen Dank an "abeja" für die zur Verfügung Stellung dieses Fotos.
Herzkraut, Sternleberkraut - der Waldmeister und seine vergessenen Heilkräfte
Genutzt wurde der Waldmeister lange Zeit unter anderem bei der Geburt und im Wochenbett. Es hieß, dass der Waldmeister das Herz der Mutter und des Kindes stärke (daher auch der volkstümliche Name Herzkraut), und im Kissen gut für die Nerven wäre und für einen ruhigen Schlaf sorge.
In der Volksheilkunde wird der Waldmeister heute noch zur Beruhigung, Krampflösung und Herzstärkung eingesetzt. Über die Volksheilkunde hinaus bei bestimmten Leberproblemen (daher der volkstümliche Name Sternleberkraut), Gallestörungen, Darmstörungen und krampfartigen Zuständen und auch als Schlafmittel.
Immer wieder liest man auch, dass er gegen Migräne helfen soll. Hier gilt wahrscheinlich das tatsächlich immer wieder zutreffende Prinzip: Das was eine Pflanze auslöst (im Falle von übermäßigen Waldmeistergenuss eben Kopfschmerzen), das heilt sie auch.
Der Waldmeister ist jedenfalls ein vielseitig einsetzbares mildes Mittel, das gerne in Mischtees verwendet wird.
Vorsichtshalber: Der Waldmeister stand eine Zeitlang (60iger Jahre) im Verdacht krebserregend / leberschädigend zu sein. Auch hier fanden wieder einmal Tierversuche statt bei denen den Tieren isolierte Stoffe in hoher Konzentration zugeführt wurden, wodurch sie, welch Wunder, dann erkrankten. Weitere Untersuchungen habe diesen Verdacht allerdings und Gott sei Dank widerlegt!
Eine recht gute Übersicht nicht nur zu den medizinischen Anwendungen des Waldmeisters findet man z.B. hier.
Genutzt wurde der Waldmeister auch immer gegen Motten, als Duftsäckchen bei der Wäsche und auch als Zusatz zum Pfeifentabak.
Von Naturgeistern und Elfen
Der Waldmeister wurde und wird aber auch noch in ganz anderer Weise genutzt und dieses Thema gehört bei dieser Pflanze nun einfach dazu, zumal es im Internet ja doch so einiges darüber zu lesen gibt. Hauptwirkstoff des Waldmeisters ist das Cumarin, besser gesagt Cumaringlykoside. Und die haben es durchaus in sich, wie bereits unsere Vorfahren wussten. Ganz bewusst wurde insbesondere zu den Maifesten die weitere Wirkung des Waldmeisters genutzt. Heute gibt es immer noch (oder wieder?) Menschen die die psychoaktiven Wirkungen des Waldmeisters unbedingt brauchen. Aber keine Sorge, wenn man den Waldmeister in den üblichen geringen Mengen und Zubereitungsarten verwendet, setzen diese psychoaktiven Wirkungen natürlich nicht ein. Und diejenigen, die jetzt meinen experimentieren zu müssen kann ich nur warnen: es ist mit starker Übelkeit und Kopfschmerzen bis zu drei Tagen zu rechnen, mindestens jedoch am nächsten Tag!!!
Vielfalt in der Küche
Kulinarisch ist der Waldmeister eine wunderbare Pflanze, nicht nur in der Bowle oder der Berliner Weiße. Einfach in Apfelsaft eingelegt oder wie es neuerdings heißt eingehängt, kurz ziehen lassen (1 bis 2 Stunden), einen Spritzer Zitrone und Wasser dazu - köstlich.
Oder den Waldmeister klein schneiden und mit etwas Honig (oder Zitrone ...) pürieren, sehr fein gehackt geht aber auch, und damit Eis, Sorbet, Pudding, Sahne, usw. herstellen (normale, geschmacklich passende, Rezepte und den vorbereiteten Waldmeister zugeben). Oder man legt ihn in Apfelsaft ein und verarbeitet dann den Apfelsaft weiter, z.B. zu einem fantastischen Gelee - mein absoluter Favorit beim Waldmeister. Oder man kocht den Waldmeister in Apfelsaft kurz auf und verarbeitet diesen nach Erkalten zum Beispiel zu Desserts weiter.
Oder man stellt einen Waldmeistersirup her oder einen Likör oder Waldmeisterzucker, oder ... Oder man gibt ihn einfach frisch und etwas zerkleinert über Erdbeeren mit Sahne.
Selbst für herzhafte Speisen kann man ihn verwenden, einfach einmal z.B. Forellen damit füllen.
Mengenmäßig braucht man nicht viel und sollte man wegen dem Cumaringehalt auch nicht viel nehmen. Einige wenige Stängel (auf einen Liter Flüssigkeit maximal 10 bis 13 Stängel) reichen vollkommen aus.
Vorsichtshalber: Der Waldmeister (Auszüge) ist farblos! Bei den gekauften Produkten die grün daher kommen handelt es sich um Lebensmittelfarbe! Auch wird in diesen Produkten kein echter Waldmeister mehr zur Herstellung verwendet, sondern der Geschmack wird künstlich hergestellt (die Verwendung von echtem Waldmeister ist in den 80-iger Jahren, als der Waldmeister unter Verdacht stand, in Deutschland in der Lebensmittelindustrie verboten worden und dieses Verbot wurde bis heute nicht aufgehoben obwohl seid damals auch feststeht, dass er eben nicht krebserregend ist).
Bestimmung und Ernte
Der Waldmeister gehört zu den Labkräuter und diese wiederum zur Familie der Rötegewächsen und ist somit, wenn auch weitläufig, mit dem Kaffee verwandt was z.B. beim Kletten-Labkraut aber durchaus ein Rolle spielt. Labkräuter haben immer quirlständige Blätter (4 - 12) und sind daran gut zu erkennen. Der Waldmeister hat 6-8 quirlständige Blätter direkt am vierkantigen, aufrechten Stiel. Der typische Waldmeistergeruch entwickelt sich häufig erst, wenn die Pflanze welkt. Wenn man sich unsicher ist, einfach einen Stängel nehmen und in der warmen Hand einige Zeit etwas drücken. Nach nur wenigen Minuten entwickelt sich dann der intensive Geruch (und wenn nicht, dann ist es kein Waldmeister sondern vielleicht das Wald-Labkraut).
Den Waldmeister sollte man nur sehr behutsam oder mit einer Schere ernten da es die Pflanze anscheinend nicht mag wenn die Wurzel allzu sehr bewegt wird.
Immer wieder ist zu lesen, dass man den Waldmeister nur vor der Blüte ernten solle, genauso viele Autoren nennen als Sammelzeitpunkt vor und während der Blüte. Wenn man genauer nachforscht, dann findet sich keine Erklärung dafür warum man ihn nicht auch während der Blüte ernten sollte. Ich persönlich ernte den Waldmeister immer auch während der Blüte. Nach der Blüte werden die Blätter immer härter, dann ernte ich ihn nicht mehr.
Und jetzt könnte ich noch etwas zu der interessanten Fortpflanzungsstrategie oder z.B. zum Anbau im Garten oder auf der Fensterbank schreiben, aber ich glaube, es reicht jetzt erst einmal.
Liebe Grüße
Maria
Es versteht sich von selbst, dass man Pflanzen, genau wie Pilze auch, nur dann sammelt und verwendet, wenn man sich mit der Bestimmung dieser Pflanzen zu hundert Prozent sicher ist!