Giersch (Aegopodium podagraria)
Geißfuß, Gichtkraut, Zipperleinskraut, Podagrakraut, Baumtropfen, Bodenholunder
Beim Giersch scheiden sich die Geister. Die einen nennen ihn begeistert eine Delikatesse, die anderen mögen ihn geschmacklich nicht so gerne, die einen bezeichnen ihn als unentwegt nachwachsendes Dauergemüse und lieben ihn, die andern betiteln ihn als das schlimmste Unkraut im Garten und hassen ihn. Unzweifelhaft (eigentlich) sind dagegen seine medizinischen Seiten und darauf deuten bereits viele seiner Namen hin.
Der Name Podagraria (aus dem Griechischen) heißt "das Podagra heilend" und Podagra ist die Gicht. Zipperlein bedeutete früher Fuß-Gicht, speziell die Gicht am großen Zeh. Bereits im Mittelalter haben die Mönche den Giersch in ihren Klostergärten eben wegen dieser Heilkräfte angepflanzt. Er war dem Heiligen Gerhard geweiht, der bei Gicht um Hilfe angerufen wird. In England heißt der Giersch deshalb heute noch "bisops wort". (Natürlich gibt es noch viele weitere Erklärungen zu den vielen Namen des Giersch, aber hier belasse ich es erst einmal darauf.)
Der Giersch ist eines der ältesten und bekanntesten Wildgemüse. Von der ärmeren Bevölkerung wurde er als gesundes Nahrungsmittel zum Nulltarif verwendet lange bevor der Spinat im 16. Jahrhundert aus Asien eingeführt wurde. Die römischen Legionäre, die den Giersch reichlich gegessen haben sollen, werden für seine Verbreitung in ganz Europa verantwortlich gemacht. Schließlich geriet der Giersch in Vergessenheit bis ihn der Kräuterpfarrer Künzle wiederentdeckte.
Giersch wächst selten alleine. In jeder Wachstumsphase haben die Blätter eine andere Grüntönung (je älter desto dunkler).
Eine herrliche Medizin,
so äußerte sich Kräuterpfarrer Künzle über den Giersch. Giersch ist stark harntreibend, reinigend, entzündungshemmend, appetitanregend, schwach blutreinigend und verdauungsfördernd. Insbesondere bei Gicht, Rheuma und Ischias ist er, speziell zusammen mit Brennnessel, kaum zu toppen!
Auch wenn nach einigen Untersuchungen und Studien der letzten Jahre nun gesagt wird, dass eine Wirkung des Giersch nicht nachzuweisen ist, vor allem wohl da man sich nicht erklären kann wodurch diese Wirkung zustande kommt, kann man dem Wissen und den Erfahrungswerten unserer Vorfahren durchaus Glauben schenken. Immer wieder konnte ich persönlich bis heute feststellen, wie hervorragend der Giersch gerade bei Gicht hilft (mein Vater hat Gicht).
Die möglichen weiteren Verwendungsmöglichkeiten bitte ich z. B. hier zu entnehmen.
Eine unserer nützlichsten Speisepflanzen
Der Giersch ist nicht nur aufgrund der chemisch analysierbaren Vitamine und Spurenelemente eine unserer wichtigsten Speisepflanzen, sondern er schenkt uns auch etwas von seiner unverwüstlichen Lebenskraft. Diese Kraft macht sich bei uns durch ein allgemein gesteigertes Lebensgefühl bemerkbar.
Vitamin C (Tagesbedarf 75 mg): 100 g Giersch - 201 mg / Gemüse mit höchstem Anteil: Broccoli, Rosenkohl: 114 mg
Reineiweiß: 100 g Giersch - 6,7 mg / Gemüse mit höchstem Anteil: Grünkohl: 3,0 mg
Provit.-A(Carotin) (Tagesbedarf 1,0 mg): 100 g Giersch - 0,684 mg / Gemüse mit höchstem Anteil: Spinat 0,7, Karotten 2,0 mg
Eisen (Tagesbedarf 10 mg): 100 g Giersch - 16,6 mg
Kupfer (Giersch 2,13 mg), Titan (Giersch 1,68 mg), Bor (Giersch 3,9 mg), .....
Ein unentwegt nachwachsendes Dauergemüse - Giersch kulinarisch
Im Internet und in den Büchern findet man relativ viel über die kulinarischen Verwendungsmöglichkeiten des Giersch. Wichtig und entscheidend ist dabei das Wachstumsstadium der Blätter!
Die Blätter sind sehr aromatisch und erinnern laut den vielen Beschreibungen an Petersilie. Ich persönlich sage, sie erinnern an Suppengrün. Also einfach einmal vorstellen: etwas Petersilie, Sellerie und Karotte zusammen im Mund kauen ... so ungefähr ... Und nun kann sich sicher jeder ein genaueres Bild davon machen, ob ihm persönlich bei dieser Geschmackskombination z.B. ein reines Gemüse oder ein reiner Salat aus Giersch schmecken könnte oder eher nicht. Giersch kann man beinahe das ganze Jahr über sammeln, auch die nachgewachsenen jungen Blättchen. Der Geschmack verändert sich kaum.
Ich persönlich verwende die jungen, zarten Gierschblätter sehr gerne als Würzkraut zusammen mit anderen Kräutern, also z.B. in Salaten, Quark, Kräuterfüllungen, Kräuterbutter, im gemischten Wildkräuterpesto, im gemischten Wildkräuter-Essig usw. usw.
Entscheidend ist wie schon gesagt das Wachstumsstadium:
Kleine, hellgrüne, "gelackte", zarte Blättchen: Brotbelag, Salat, .....
Größere, mittelgrüne, noch zarte Blätter: Gemüse, evtl. noch Salat, Getränke, Gelee, Sauergiersch, Würzkraut, zum Trocknen als Würzkraut, ...
Große, grüne, nicht mehr ganz so zarte Blätter: Getränke, Gelee, evtl. gerade noch Sauergiersch
Stiele: Stielmus
Blüten: im Ausbackteig
Samen: Gewürz
Hier sind die hellgrünen, gelackten bzw. glänzenden jungen zarten Blättchen gut erkennbar.
Meine ganz persönlichen Lieblingsrezepte:
Gierschbrote
Baguette-Scheiben buttern, mit ganz jungen zarten Gierschblättchen belegen, eine Scheibe gekochtes Ei darauf legen, einen Klecks Mayonnaise darauf und dieses mit einem winzigen Gierschblättchen dekorieren. Die sieht nicht nur wunderschön aus sondern schmeckt fantastisch.
Gierschlimonade
Reichlich Gierschblätter, wenig Gundermann, etwas Pfefferminze, Apfelsaft, evtl. Zitrone
Die gewaschenen Gierschblätter, die Gundermannblätter und die Pfefferminzblätter etwas andrücken und in Apfelsaft einlegen. Mein Mengenverhältnis für eine würzige Kräuterlimonade ist in etwa die Hälfte der Menge insgesamt sollten/können Kräuter sein. Gundermann ist eher herb-bitter, daher nicht so viel verwenden und Pfefferminze ebenfalls eher sparsamer verwenden aber vom Anteil her mehr als der Gundermann. Das Ganze kühl stellen und am Besten über Nacht ziehen lassen. Über einem Sieb abgießen, dabei die Kräuter gut ausdrücken, und mit Wasser aufgießen. Wer will kann noch Zitronensaft zugeben. Eine wunderbare erfrischende Kräuterlimonade! (Aus dieser Mischung kann man dann wiederum ein erstaunlich lecker schmeckendes Gelee herstellen.)
Ein wenig Botanik muss hier sein
Der Giersch kann von ungeübten Kräutersammlern durchaus mit ungenießbaren oder sogar giftigen Pflanzen verwechselt werden. Ich bitte daher darum, sich vor einem evtl. Sammeln genauestens zu informieren! Der dreikantige Stengel der an der breitesten Seite der dreikantigen Stengel immer eine Art Rille hat, ist, neben den anderen Merkmalen, ein gutes Bestimmungs-Merkmal. Und dann sollte man eine Geruchsprobe machen - also einfach ein Blatt zwischen den Fingern reiben und schon strömt der Giersch-typische Geruch aus.
Ein Unkraut im Garten - ohne jeden Zweifel!
Wer Giersch im Garten hat, der hat ein Problem, denn beim Giersch handelt es sich ohne jeden Zweifel um ein kaum auszurottendes Unkraut. Giersch verbreitet sich ungemein und erobert mittels unterirdischer Ausläufer mühelos bis zu 3 qm Boden pro Jahr. Die Würzelchen brechen sehr leicht und jedes Wurzelstückchen treibt neu aus. Durch hacken, ausreißen etc. belebt man die Wuchskraft daher eher noch. Es gibt Pflanzen die der Giersch nicht mag, Buschbohnen z.B.. Allerdings ist die Wirkung der Buschbohnen nur eher begrenzt, denn der Giersch wächst dann halt einfach neben dem Buschbohnenbeet fröhlich weiter. Was aus eigener Erfahrung hilft ist den Giersch (bereits die jungen Pflanzen) ständig abzuschneiden, vor allem an den Ausläufern. Auf diese Weise verarmen die Ausläufer an Nährstoffen und verlieren ihre vehemente Wuchskraft. Mit dieser Methode, die "etwas" Geduld erfordert, geht der Giersch immer mehr zurück und verschwindet dann irgendwann ganz.
Und jetzt könnt Ihr natürlich gerne Fragen stellen, Eure Erfahrungen, Rezepte etc. teilen ... ich freue mich darauf.
Liebe Grüße
Maria
Es versteht sich von selbst, dass man Pflanzen, genau wie Pilze auch, nur dann sammelt und verwendet, wenn man sich mit der Bestimmung dieser Pflanzen zu hundert Prozent sicher ist.