Bärlauch (Allium ursinum)
Einige werde ja vielleicht schon bemerkt haben, dass ich dieses Mal kleine Probleme mit dem Text hatte - wer die Länge des nachfolgendes Textes sieht, wird dies nun vielleicht nachvollziehen können. Aber dennoch hier ein dieses mal eben etwas längerer Beitrag dazu, denn der Bärlauch ist nicht nur in "aller Munde", der Bärlauch ist eine in vielerlei Hinsicht sehr interessante und sehr gut erforschte Pflanze.
Kleiner Exkurs in die Geschichte
Der Bärlauch ist eine unserer ältesten Heil- und Speisepflanzen. So fand man in jungsteinzeitlichen Siedlungen erstaunlich viele Überreste von Bärlauch.
Aber auch der Name "Bärlauch" verweist auf seine ehemalige Bedeutung. Der Bär galt als fruchtbarkeitsförderndes Urwesen, der mit seiner Kraft und Stärke die Macht des Winters brechen konnte. Heute noch vertreiben stroh- oder fellbekleidete bärige Männer in einigen Gegenden Deutschlands symbolisch den Winter. Der Bär als Fruchtbarkeitsbringer ist in Wörtern wie ge-bär-en oder Ge-bär-mutter usw. enthalten.
Man ging davon aus, dass sich die "Seelentiere", wie der Bär, auch in bestimmten Pflanzen verkörpern können. Aß man von diesen Pflanzen, so ging die Kraft des Tieres auf einen über. Wenn die Pflanzen dann an bestimmten Tagen als Kultspeise gegessen wurden waren sie besonders wirksam und heilkräftig. Bärenpflanzen sind neben dem Bärlauch z.B. der Bärwurz, der Bärlapp oder der Bärenklau. Die Pflanzen des Bären haben unter anderem die Kraft der Erneuerung und der Reinigung. Der Bärlauch gehört mit zu den kräftigsten Bärenpflanzen und ist nach wie vor eine unserer stärksten Heilpflanzen.
Die Kelten verehrten den Bärlauch. So aßen ihn in Wales die keltischen Krieger vor der Schlacht um gestärkt durch die Kräfte des Bärlauchs zu sein. Oder das Waliser Wappen - dieses zeigte ursprünglich den Bärlauch, inzwischen allerdings den Lauch.
Auch die Römer schätzten den Bärlauch und nannten ihn "Herba salutaris", also heilendes oder gesundes Kraut. Kaiser Karl der Große schließlich war so begeistert vom Bärlauch, dass er im Jahre 812 den Anbau der Pflanze gesetzlich verankern wollte.
Die meisten Kräuterkundige wie z.B. Hieronymus Bock (1539) oder Matthiolus (1544), um nur zwei zu nennen, erwähnen den Bärlauch lobend, ebenso z.B. Tabernaemontanus (1588).
Schließlich wurde der Bärlauch auch eine Zauber abwehrende Pflanze. Wer sich mit dem Pflanzensaft die Brust bestrich, der war vor dem Angriff der Hexen geschützt. Damit der Bärlauch diese Kraft erhielt, musste er aber unbedingt vor der Walpurgisnacht gepflückt werden.
Als aus Asien der Knoblauch einwanderte, geriet der Bärlauch mehr und mehr in Vergessenheit, wohl auch, da der Knoblauch leichter zu kultivieren ist. Erst seit sich die Wissenschaft seit 1988 offiziell um die genauere Erforschung des Bärlauchs bemüht, erlebt er sein großes und verdientes Comeback. 1995 wurde der Bärlauch dann zur Arzneipflanze des Jahres.
Kleiner Exkurs in die Medizin
"Bärlauch im Mai, erspart das ganze Jahr den Arzt und die Arznei!" (Ein altes Harzer Sprichwort)
Seit 1988 erforscht die Wissenschaft nun den Bärlauch und stimmt in die Lobeshymnen der Volks-Kräuterkundigen voll ein. Die Anwendungsmöglichkeiten von Bärlauch sind immens und dies ohne bekannte Nebenwirkungen.
Im Detail wurde folgendes festgestellt:
- Voll bestätigt wurde die Wirkung des Bärlauches auf die Verdauung. Bei einem Verdünnungsverhältnis von 1:100.000 war noch ein bakterizider Effekt nachzuweisen.
- Auch wurde die Wirkung bei Bluthochdruck voll bestätigt. Alleine die Blätter des Bärlauches vermögen den Blutdruck zu 56 % zu senken. Im Vergleich dazu leistet Knoblauch nur die Hälfte dieser Wirkung. Bärlauch bietet damit einen Schutz vor Schlaganfall und Herzinfarkt.
- Das in der Pflanze enthaltene Eisen (20mal so viel wie im Knoblauch) ist in der Lage die roten Blutkörperchen und das Hämoglobin zu regenerieren. Dieses Bärlauch-Eisen wird im Gegensatz zu anderen Eisenpräparaten vom Magen sehr gut vertragen.
- Der Schwefelgehalt (beim Bärlauch 7856 mg pro Kg, Knoblauch 6091 mg) wirkt präventiv gegen Herzinfarkt, Schlaganfall und Thrombosen. Die Blutzirkulation wird angeregt, Durchblutungsstörungen nehmen ab, der Blutdruck, ob zu hoch oder zu niedrig, normalisiert sich.
- Das im Bärlauch vorkommende Mangan (17 mal höher als beim Knoblauch) steigert die Verwertbarkeit des Vitamins B 1 und wirkt auf diese Weise den typischen Mangelerscheinungen (z.B. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschwäche) entgegen.
- Der ungewöhnlich hohe Anteil an Magnesium (Bärlauch 1655 mg/Kg, Knoblauch 951 mg/Kg) verhindert nicht nur Cholesterinablagerungen sondern lässt auch über 300 Enzyme zum Zuge kommen.
- Die meisten fettlöslichen Umweltgifte können durch Bärlauchprodukte komplex gebunden und in einer nierengängigen Form abgeführt werden. Konzentrationen von Schwermetallen wie Quecksilber und Cadmium ließen sich innerhalb von nur zwei Wochen bei einer klinischen Studie auf die Hälfte reduzieren.
- Ferner wurde festgestellt, dass mit Bärlauch das Tumorwachstum anscheinend gehemmt werden kann.
- Auch bei Tinnitus, Herzrhythmusstörungen und Wechseljahresbeschwerden hat sich die Gabe von Bärlauch als wirkungsvoll erwiesen. Das Immunsystem wird außerdem kräftig stimuliert.
- Sogar der Schönheit ist der Bärlauch zuträglich. Durch die bessere Durchblutung sieht die Haut frischer und gesünder aus. die Mineralien sorgen für gesunde Haare, Nägel und Gelenke.
(Quellen: Unter anderem Prof. Dr. Dr. H. Kiesewetter Universität Homburg/Saar, Prof. Dr. Robeneck Institut für Arteriosklerose-Forschung Münster, Dr. Winterhoff / Münster, usw. )
Kleiner Exkurs in die Küche
Mittlerweile werden wir ja mit einer wahren Flut von Bärlauchrezepten konfrontiert, in jedem Lebensmittelgeschäft kann man das ganze Jahr über Bärlauchprodukte kaufen und in den meisten Restaurants erhält man Bärlauchgerichte. Das allerbeste Bärlauchrezept ist aber zweifelsohne dieses hier:
Man nehme einen Korb,
tue ein Holzbrettchen, ein Messer, gutes frisches Bauernbrot, Butter und Salz hinein,
fahre Mitten in den Bärlauchwald, lasse sich dort nieder und
genieße frisch geschnittenen Bärlauch auf einem Butterbrot.
Getrocknet verliert der Bärlauch nicht nur seine Heilkräfte sondern auch sein Aroma. Einzig das Trocknen in Meersalz für Bärlauchsalz ist empfehlenswert. Eingefroren wird er meiner Meinung nach eher matschig und wässerig und verliert ebenfalls an Aroma. Konservieren kann man ihn aber Bestens in Pasten, Essig und Öl.
Wer gerne Rezepte möchte, kann sich ja melden.
Verwechslungsgefahren
Der Bärlauch wird immer wieder mit giftigen Pflanzen verwechselt. So mit dem Maiglöckchen (Convallaria majalis), der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) und dem Aronstab (Arum maculatum). Beim Maiglöckchen und der Herbstzeitlosen ist unter anderem die Struktur der Blätter gänzlich anders und beim Aronstab noch dazu die Blattform. Dennoch sollte man aufpassen, insbesondere ungeübte Kräutersammler. Speziell der Aronstab wächst gerne zusammen mit dem Bärlauch und im Eifer des Sammelns sollte kein Blatt von ihm im Bärlauchkorb landen.
Die Unterscheidung über den Geruch, nur der Bärlauch riecht nach Knoblauch, ist übrigens nicht zu empfehlen. Spätestens nach dem dritten zerriebenen Blatt riechen die Finger nach Knoblauch, ganz egal welches Blatt gerade zerrieben wird.
Hier eine ganz gute Übersicht über die Verwechslungsmöglichkeiten.
Vom richtigen Sammeln
In den letzten Jahren wurden aufgrund des Bärlauchbooms jedes Frühjahr ganze Wälder verwüstet. Riesige Flächen werden mit der Sense oder einer Sichel gemäht, Horden von Menschen stapfen kreuz und quer durch die Bestände und reißen wahllos ganze Pflanzen samt Wurzeln aus. In meinem bisherigen Bärlauchwald beobachte ich seit Jahren einen drastischen Rückgang des Bestandes. Deswegen auch deutliche Sammelregeln!
- Von jeder Pflanze nur ein oder zwei Blätter nehmen.
- Das Blatt mit dem Fingernagel abknipsen oder mit einem Messer oder einer Schere abschneiden.
- Keine Wurzel bzw. Zwiebeln herausreißen.
- Knospen, Blüten oder Samen nicht flächendeckend bei allen Pflanzen einsammeln.
- Die Pflanzen neben dem Weg sind genauso gut wie die mitten im Wald. Nicht durch die Bestände laufen.
- Einen Korb, eine Papiertüte oder einen Stoffbeutel verwenden. Keinesfalls Plastiktüten, Rucksäcke, Handtaschen usw. verwenden.
- Nur soviel sammeln, wie man auch tatsächlich spätestens am nächsten Tag verarbeiten kann. Erlaubt sind ohnehin nur kleine Menge für den persönlichen Gebrauch.
- Keinen Müll im Wald hinterlassen.
- Man verhält sich leise und ruhig im Wald - die anderen Waldbewohner haben auch Rechte.
- Und selbstverständlich darf in Schutzgebieten nicht gesammelt werden.
Manch einer wird über diese Regeln den Kopf schütteln. Ich empfehle in der Hochsaison des Bärlauchs an einem Sonntag in ein bekanntes Sammelgebiet zu gehen - dann spätestens wird jeder verstehen!
Es gäbe noch sehr viel über den Bärlauch zu schreiben, z. B. wie man den Geruch wieder weg bekommt, oder der Bärlauch im Garten oder wie man ihn gegen Wühlmäuse und Co einsetzen kann oder über die Botanik oder ... Schließen möchte ich aber mit den blumigen Worten des Kräuterpfarrers Künzle zum bzw. über den Bärlauch:
Die jungen Leute würden aufblühen wie Rosenspalier
und aufgehen wie ein Tannenzapfen in der Sonne.
Leute, die fast schon im Grab lagen
und von den Hühnern hervorgescharrt wurden,
gesunden ganz plötzlich.
Liebe Grüße
Maria
Kochrezepte zu den Blütenknospen, den Blüten und den Früchten finden sich hier.
Der obige Text sind Auszüge aus meinen Veröffentlichungen - das Copyright liegt bei mir.
Es versteht sich von selbst, dass man Pflanzen, genau wie Pilze auch, nur dann sammelt und verwendet, wenn man sich mit der Bestimmung dieser Pflanzen zu hundert Prozent sicher ist!