Beiträge von Bernd Miggel

    Mir wurden vor ein paar Tagen einige Fruchtkörper einer kleineren, graubraunen Mycena-Art zugeschickt, zusammen mit beobachteten Merkmalen und einigen Fotos. Der Fund war besonders auffällig, weil die Pilze am Fundort wie eine Art Weihnachtsbeleuchtung auf den Nadelbäumen hervorstachen (Bild 1).

    Beim Versuch, den Fund zu bestimmen, bin ich vordergründig zu Mycena metata gelangt.


    Da aber einige Merkmale eher zu Mycena filopes passen, bitte ich euch, mir bei der Bestimmung weiterzuhelfen.


    Bild 1 – Pilze am Fundort, auf dünnen, unbenadelten Fichtenzweigen. Foto: Johann Rejek.


    Der Fund

    • gefunden von: Johann Rejek und Veronika Ziegltrum,
    • Fundzeitpunkte: 5. und 28. Dezember 2023,
    • Tagestemperatur: 5-10 Grad Cel.
    • Fundort: Bayern, Landkreis Freising, Gemeinde Hohenkammer, Eglhauser Holz (junger Fichtenforst),
    • Koordinaten: 48.417675; 11.554717,
    • Naturregion: Tertiäres Hügelland – Donau-Isar-Hügelland,
    • Fund: an mindestens 10 Fichten auf fast unbenadelten Zweigen, teils am Stamm bis in 2-3 m Höhe,
    • Wuchsart: einzeln, manchmal 2-3 Fruchtkörper nahe beieinander, auf der Rinde wachsend.
    • Beleg-Nr.: ext23001,egl


    Bild 2 – weißfilzig-striegelige Stielbasis, auf der Rinde wachsend.Foto: Johann Rejek.


    Bild 3 – Blick von unten, ca. 20 Lamellen erreichen den Stiel. Foto: Johann Rejek.



    Makroskopische Merkmale


    ·        Hut: bis 12 (-15) mm im Durchmesser, glockig, kegelig, hell graubraun mit dunklerer Mitte, manchmal mit kleinem Buckel; Rand gerieft, und so der Hut in Draufsicht am Rand zackig erscheinend.

    ·        Lamellen: aufsteigend, leicht wellig, am Stiel bogenförmig angewachsen und schwach zähnchenförmig herablaufend, weißlich, untermischt, ca. 20-25 Lamellen erreichen den Stiel, Schneiden fein bereift.

    ·        Stiel: max. 1 (-1,5) mm Durchmesser, ca. 25 mm lang, trocken, glatt, glänzend, Spitze fein bereift und hutfarben, Basis dunkler und etwa wie Hutmitte gefärbt. Stielbasis weißfilzig-striegelig.

    ·        Fleisch: im Hut dünn, durchscheinend.

    ·        Geruch: negativ. Geschmack eines Hutes nach längerem Kauen: schärflich, bitterlich und im Hals kratzend. Allerdings hatte der noch recht frisch aussehende Hut ein paar Tage im Kühlschrank gelegen und war danach noch zwei Tage auf dem Postweg gewesen.


    Bild 4 – Hut graubraun, Mitte dunkler.


    Bild 5 – Lamellen weißlich, untermischt.


    Bild 6 – Fruchtkörper nach mehreren Tagen Kühlschrank plus Postweg; Lamellen mit leichtem Rosastich.



    Mikroskopische Merkmale


    Die Sporen sind ellipsoid, glatt, hyalin und nach der Fachliteratur amyloid. Maße von 49 repräsentativen Sporen, gemessen in Wasser plus einer geringen Menge Phloxin (95 % Konfidenzintervall):

    • Populationsgrenzen: 7,9-10,2 x 4,6-5,8 µm
    • Mittelwert: 8,9-9,2 x 5,1-5,3 µm
    • Mittlerer Schlankheitsgrad: 1,69-1,78
    • Mittleres Volumen: 125-135 µm3


    Bild 7 – Sporen in Wasser mit wenig Phloxin.


    Die Basidien sind schmalkeulig, z.B. 25 x 7 µm groß und haben vielfach 2, verschiedentlich aber auch 4 Sterigmen. Die Sterigmenzahl scheint auf den ersten Blick keinen Einfluss auf die Sporengröße zu haben. Basidien kommen nur auf der Lamellenfläche vor. Die Schneide ist also steril.

    Das Hyphensystem ist monomitisch; die Hyphen etc. besitzen an den Septen Schnallen.



    Bild 8 – Basidie mit 2 Sterigmen


    Die Cheilozystiden bilden einen dichten Rasen, d.h. sie bilden ein steriles Band, sind überwiegend verkehrt birnenförmig und meist gestielt. Es kommen aber auch viele sitzende, d.h. ungestielte Cheilozystiden vor. Allgemein kann man sagen, dass ihre Form und auch die igelstachelige Oberflächenstruktur außerordentlich variabel sind. Die Variabilität bezieht sich auch auch die Größe. So konnte ich an einem einzigen Lamellenschneide-Fragment Längen zwischen 10 und 80 µm messen.


    Bild 9 – Cheilozystiden-Rasen


    Bild 10 – Cheilozystiden, verschiedene Größen und Formen.


    Bild 11 – Cheilozystiden, typische Größen und Formen.



    Pleurozystiden

    Da musste ich lange suchen, bis ich auf einem Stückchen Lamellenfläche eine Zystide fand. Sie sind so selten, dass ich beim Durchmustern eines Lamellenflächen-Segments nur vier aufstöbern konnte. Sie sind typischerweise verkehrt birnenförmig mit igeliger Oberfläche und ca. 20-30 µm lang.


    Bild 12 – typische Pleurozystide, außerdem 2- und 4-sporige Basidien.



    Diskussion

    Nach intensivem Literaturstudium kommen für den Fund nur zwei Arten in die nähere Auswahl, Mycena metata und M. filopes. Beide Arten sind bezügl. ihrer makroskopischen Merkmale fast deckungsgleich.


    Im Folgenden eine Übersicht darüber welches beobachtete Merkmal des Fundes für welche Art spricht:

    ·        Röten der Lamellen bei alten Fruchtkörper : passt zu M. metata

    ·        Gestielte Cheilozystiden häufiger als ungestielte: passt zu M. metata

    ·        Viele Cheilozystiden wesentlich länger als 30 µm:passt zu M. metata

    ·        Pleurozystiden so gut wie nicht vorhanden: passt zu M. filopes.



    Literatur

    ·        ARONSEN, A. & LÄSSÖE, T. (2016): The genus Mycena s.l. Fungi of Northern Europe, Vol 5: 180-185.

    ·        BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (1991): Pilze der Schweiz Bd. 3: Nr. 334 (M. filopes), 349 (M. metata).

    ·        GRÖGER, F. (2006): Bestimmungsschlüssel für Blätterpilze und Röhrlinge in Europa, Teil 1: 369 (M. filopes), 372 (M. metata).

    ·        LUDWIG, E. (2012): Pilzkompendium Bd. 3: 730-733 (Text), Nr. 633-634 (Tafel).



    Herzlichen Gruß

    Bernd

    Hallo Frank,


    der Band 1 ist gekommen. Du hast völlig Recht, er reicht nur bis Buchstabe G. Aber es ist vorne im Buch ein Gesamtschlüssel enthalten, der unter anderem die Mycoacia-Arten aufschlüsselt. Ausgehend vom gemeinsamen Schlüsselpunkt "Basisiosporen subzylindrisch" wird aufgespalten:

    • "Zystiden glatt oder nur leicht inkrustiert" führt über mehrere Schlüsselpunkte zu Mycoacia fuscoatra,
    • "mit stark inkrustierten Zystiden" führt über mehrere Schlüsselpunkte zu Mycoacia nothofagi.

    M. nothofagi ist in Eriksson & Ryvarden Vol. 4 nicht enthalten. Wegen der starken Inkrusrierung der Zystiden deute ich den Fund vorerst als M. nothofagi.


    Wenn du mir deine Adresse per PN zukommen lässt, schicke ich dir ein Teilexsikkat.


    lg - Bernd

    Pilzfreund Dieter Gewalt fand Ende November an vermorschtem Buchenholz einen resupinaten Stacheling (Bild 1). Bei der Bestimmung komme ich zwar bis zur Gattung Mycoacia, aber bei der Artbestimmung hapert es. Wer kann weiterhelfen?


    Bild 1 - Der Fruchtkörper am Fundort, Foto Dieter Gewalt.



    Eckdaten

    • Funddatum: 24.11.2022
    • Fundort: bei Dietzenbach, Hessen
    • leg.: Dieter Gewalt
    • Substrat: Fagus sylvatica, morsch


    Makromerkmale

    • Die Stacheln stehen einzeln und sehr dicht, besitzen scharfe, manchmal auch geschnäbelte Spitzen. Sie sind dünn, bräunlich und besitzen eine Länge von bis zu 5 mm (Bild 2).

    Bild 2 - langstacheliges Hymenium, Foto Dieter Gewalt.

    • Der Fruchtkörperrand ist weißlich, dünn und feinfaserig ausgefranst (Bild 3).

    Bild 3 - weißer Fruchtkörperrand, Foto Dieter Gewalt.

    • Mit Kalilauge verfärbt sich der Fruchtkörper dunkel purpurrot (Bild 4).

    Bild 4 - Farbreaktion mit KOH, unten links im Bild, Foto Dieter Gewalt.



    Mikromerkmale

    • Die Sporen sind glatt, hyalin, mehr oder weniger zylindrisch (Bild 5) und nicht amyloid (Bild 6).

    Bild 5 - Sporen (KOH 3 %)


    Bild 6 - Basidie mit Sporen (Melzers Reagenz)


    • Sporenmaße (auf Grund einer Stichprobe von 23 repräsentativen Sporen, mit 95-proz. Wahrscheinlichkeit, gemessen in 3-prozentiger Kalilauge):
    • L x B = 5,0-6,6 x 2,3-3,1 µm Lav x Bav = 5,6-6,0 X 2,6-2,8 µm Qav = 2,11-2,25 Vav = 20-24 µm3
    • Die Basidien sind 4-sporig und besitzen Basalschnallen (Bild 7).

    Bild 7 - Basidiolen mit Basalschnallen (NH3-Kongorot)

    • Die Trama ist monomitisch.
    • Die Hyphen sind dünnwandig mit großen Schnallen an den Septen (Bild 8).

    Bild 8 - Hyphen und inkrustierte Zystiden (NH3-Kongorot).

    • Es sind dickwandige, Kristallschopf tragende Zystiden in der Trama vorhanden (Bild 9, präpariert in SDS-Kongorot).

    Bild 9- dickwandige, inkrustierte Zystiden mit Kristallschopf (SDS-Kongorot)


    • Außerdem gibt es dünnwandige, spindel- bis flaschenförmige Zystiden oder Zystidiolen, die die Basidienfront teilweise überragen (Bild 10, Bild 11).

    Bild 10 - Hymenialfront mit dünnwandigen Zystiden (NH3-Kongorot)


    Bild 11 - Basidie und dünnwandige Zystide (NH3-Kongorot)


    Notizen

    • In der Literatur finde ich keine Mycoacia-Art mit sowohl dickwandigen, inkrustierten als auch mit dünnwandigen, nicht inkrustierten Zystiden oder Zystidiolen.


    Viele Grüße

    Bernd

    Hallo miteinander,


    bei der Pilzbestimmung arbeite ich sehr gerne mit dem obigen Werk. Inzwischen sind ja sieben Volumes erschienen.

    Hat jemand von euch ein reines Gattungsregister, das er mir zur Verfügung stellen kann?

    Zur Not tut es auch ein Artenregister, falls darin die reinen Gattungen mit aufgeführt sind. Dann kann ich die Gattungen herausfischen.


    Vielen Dank im Voraus!

    Bernd

    Hallo zusammen,


    wer kann weiterhelfen? Ich suche ein alphabetisches Gesamtregister der im Pilzkompendium Band 1-4 (Erhard Ludwig) behandelten Gattungen.

    Es geht mir also darum, dass ich nachschlagen kann, in welchem Band und ab welcher Seite eine bestimmte Gattung zu finden ist. Ein Excel- oder Word-File wäre optimal.

    Herzlichen Dank im Voraus!


    Bernd

    Man könnte meinen, den Orangeroten Kammpilz (Phlebia radiata) vor sich zu haben, allerdings in „schreiend“ inkarnatroter Farbe. Sollte meine Bestimmung als Byssomerulius incarnatus korrekt sein, dann handelt es sich um eine Art, die in Nord- bis Mittelamerika beheimatet ist.

    Das Fragezeichen im Titel habe ich gesetzt, da ich weder Sporen noch Basidien finden konnte.


    Bild 1 - Frische Fruchtkörper am Fundort, mit weißem, höckrigem Innenbereich und inkarnatrotem, wulstigem Rand.



    Der Fund

    Dieter Gewalt fand am 8.10.2022, bei einer seiner zahlreichen Pilzexkursionen, diesen, vor allem durch seine intensiv rote Randfarbe auffallenden Rindenpilz, auf morschem Laubholz. Über Nacht war das Rot des Randbereiches komplett verschwunden und einem hellen Braun gewichen. Der weiße Innenbereich war hellocker verfärbt.



    Eckdaten des Fundes

    • Pilzart: Byssomerulius incarnatus (Schwein.) Gilb. (?).
    • Funddatum:8.10.2022
    • Fundort: „Gebranntes Loch“, Gemeinde Neu-Isenburg, Hessen, 140 mNN.
    • Substrat: morsches Laubholz.
    • Belegnummer: Miggel ext22010,dbach


    Makroskopische Merkmale des Fundes

    Mehrere ineinander verwachsene, kreisrunde, bis 15 mm breite Fruchtkörper mit höckrigem Innenbereich und etwas wulstigem, fimbriatem Randbereich. Im frischen Zustand ist der Innenbereich weiß, der Randbereich intensiv inkarnatrot (ähnlich der Blütenfarbe des Inkarnatklees). Die Wuchsform kann als resupinat bezeichnet werden. Die gesammelten und im Innenraum gelagerten Fruchtkörper verfärbten sich über Nacht total. Der Innenbereich wurde cremefarben, der Randbereich hellbräunlich. Im frischen Zustand ware die roten Bereiche der Fruchtkörper weich und die weißen Innenbereiche hatten in etwa die Konsistenz von Phlebia radiata. In getrockneten Zustand sind die Fruchtkörper hart.


    Bild 2 - Über Nacht getrocknete, völlig in der Farbe veränderter Fruchtkörper.



    Mikroskopische Merkmale des Fundes

    Das Hyphensystem ist monomitisch, die Hyphen sind glattwandig, hyalin, dünn bis etwas dickwandig, 2-4 µm im Durchmesser und mit einer deutlichen Schnalle an jeder Septe. Zystiden konnte ich keine beobachten.


    Bild 3 - Monomitisches Hyphensystem mit einer Schnalle an jeder Septe.


    Bild 4 - siehe Bild 3.



    Herzliche Grüße

    Bernd

    Hallo Martin,

    du hast völlig Recht, der Download enthält, im Gegensatz zum Buch, nur die Krustenflechten.

    Ich habe das Buch auf Exkursionen gerne dabei, denn es enthält trotz seiner Kleinheit große, aussagekräftige Fotos. Die Texte sind ebenfalls ok. Hier werden auch die makrochemischen Farbreaktionen für C, K, KC, P und UV für jede Art angegeben. Außerdem sind für die einzelnen Gruppen und für artenreiche Gattungen dichotome Bestimmungsschlüssel vorhanden.

    Ich kann das Büchlein deshalb mit gutem Gewissen empfehlen.

    lg - Bernd