Servus Jens,
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Jede Messung ist eine Schätzung. Wenn ich am Bildschirm messe, habe ich eine Scalierung pro Pixel. Natürlich hast du mit der Abbyschen Grenze recht. Das ändert aber nichts daran, das man automatisch irgendeinen Kommawert bei einer Messung am Bildschirm erhält.
Das ist mir völlig bewusst, keine Sorge
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Also 23 Pixel * 0,3425(also Scalierung) ergibt nun mal irgendeinen krummen Wert, erst recht wenn noch diagonal gemessen wird.
Also schreibt das Messprog 7,88 oder 7,9, je nachdem wieviele Nachkommastellen ich einstelle. Und das ist so erst mal richtig.
Auch völlig richtig. Ich habe ja auch nur gesagt, dass das (bei Laien) dazu verleitet, übergenaue Messwerte als Endergebnis (ohne zu runden) aufzugreifen.
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Es geht darum, dass sich diese Schätzungunauigkeit über die Anzahl der Messungen ziemlich ausgleicht. Also mal ein Pixel mehr, mal eins weniger und das erzeugt einen relativ guten Mittelwert.
Siehe meine Aussage. Der Mittelwert ist daher verlässlich, wenn die Zahl der gemessenen Sporne groß genug ist.
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Und grundsätzlich gilt: Gerundet wird am Schluß!
Wenn das nur jedem bewusst wäre... warum werden denn so oft in der Literatur Messwerte auf 0,1 µm Genauigkeit angegeben?
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Das Problem der statistischen Auswertung: Es wird von einer Standardverteilung ausgegangen, die aber nicht vorliegt. Damit sind auch Tests auf Standardverteilung nicht so sinnvoll. Der Grund wurde hier bereits angesprochen. Es gibt mehrere Sporenpopulationen, die gemischt sind.
Das ist ja jetzt eine Aussage, die ich so nicht stehen lassen kann.
Jetzt wird es interessant. Das heißt, du verneinst, dass Sporen von einsporigen Basidien eine andere Sporenpopulation bilden als Sporen von viersporigen Basidien?
Ich behaupte, dass Sporen einsporiger Basidien im Schnitt das vierfache Volumen haben als Sporen viersporiger Basidien. Jetzt hängt es von der Sporenform ab (und der Art, wie sie auswächst), ob das jetzt die Dicke (da fällt es nicht so auf) oder die Länge betrifft. Trotzdem sind sie im Schnitt größer.
Dann behaupte ich (und ich kann das gerne auch belegen), dass es heterospore Pilze gibt. Bei und ist vor allem Amanita da zu nennen - da gibt es dann neben den unterschiedlich sporigen Basidien auch noch dickwandige und dünnwandige Basidien. Erstere sind voluminöser und bilden größere Sporen.
Bei Saftlingen kann das so extrem sein, dass du zwei unterschiedliche Sporenmaßgrenzen hast, die sich nicht mal mehr überlappen (manche aus der Hygrocybe firma-Gruppe, tropische Arten).
Lassen wir die Exoten weg... Ich sage also, dass neben den (vermutlich normalverteilten) Sporen der viersporigen Basidien auch noch die der dreisporigen, der zweisporigen und der einsporigen dazu kommen. Da diese weniger häufig auftreten und wegen der feinen Abstufung (4, 3, 2, 1 statt 4 vs. 1) wird es kaum eigene Maxima geben, dafür aber eine rechtschiefe Verteilung.
Du widersprichst dem bzw. kannst das nicht stehen lassen. Daher interessiert mich, wo ich mich hier irre (denn das und nur das war erstmal meine Aussage).
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Gerade bei kleinen Stichproben kann man anhand von Scatterplots oder Balkendiagrammen meist nicht ansatzweise erkennen, ob eine Normalverteilung vorliegt.
Wie auch, zudem wenn es nicht einmal eine Normalverteilung ist?
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Das bedeutet, testen auf Normalverteilung ist Pflicht, genauso wie ein Ausreissertest.
Ich habe darüber mit einem Mathematikprofessor (Fachgenbiet Statistik) im Rahmen meiner Diplomarbeit (wegen meiner Paxillus-Sporenmessungen) sehr ausführlich korrespondiert und auch direkt diskutiert. Er würde dir nicht folgen - ich hatte es erst auch so vor, aber er hat mich überzeugt, dass dem nicht so ist. Ich bin aber kein Mathematiker, habe nur Physik und Biologie studiert und Physiker wenden die Mathematik eher an als dass sie in die Theorie einsteigen (Biologen sowieso).
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Oft reicht nämlich schon ein Ausreisser aus und es ist keine Normalverteilung mehr.
Du kannst gar nicht entscheiden, ob eine zu große Spore ein Ausreißer ist, wenn du nur weig Sporen misst. Denn wenn die SAporen nicht normalverteilt, sondern rechtsschief verteilt sind, dann ist der "Ausreißer" nach rechts typisch für die zu erhaltene Verteilung. Misst man genügend viele Sporen aus, dann kann man eher entscheiden, ob es Ausreißer sind oder zu erwartende Messungen im rechten Bereich. Presst man aber von vornherein aus Prinzip eine Normalverteilung drauf und schmeißt alles raus, was dem widerspricht (Ausreißer), was hat man dann? Klar, eine Normalverteilung. Ergibt das aber Sinn?
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Im Volvariella Fall oben ist es keine Normalverteilung. Trotzdem erhält man einen Mittelwert und kann Konfidenzintervalle bilden.
Mittelwerte ja, klar. Und der Vergleich zwischen arithmetischem Mittel und Median zeigt, ob es rechtsschief ist oder nicht. Falls ja, sind die Konfidenzintervalle der Normalverteilung biologisch unsinnig. Die Intervalle müssten dann asymmetrisch sein. Man kann natürlich definieren, dass man unabhängig von der Verteilung die Konfidenzintervalle einer Normalverteilung erzwingt und die als Vergleichsmaß anwenden. Das Problem ist da nur eben das Eliminieren von Ausreißern.
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Diese werden in diesem Fall nicht ganz zutreffen, da eben keine Normalverteilung vorliegt, sondern vielleicht eine Logarithmische Verteilung. Diese könnte man zwar normieren, aber viel wichtiger sind doch folgende mögliche Aussagen und Fragen. Ist das bei Volvariella normal? Wenn nein, kann ich meine Stichprobe wegwerfen, weil sie zu keinen in der Literatur publizierten Werten passt.
Häh? Wegwerfen? Warum? Wenn das für Volvariella normal ist, "die Literatur" das aber nicht widergibt, dann sollte man die Befunde nicht wegwerfen, sondern "die Literatur" korrigieren. Ich denke hier nicht nur an Bestimmen, sondern an Beschreiben. Zur einfachen Artbestimmung reichen meist Schnelltests, wenn beispielsweise Sporenmaße zweier Arten sich stark unterscheiden. Ich könnte dann auch sagen, dass ich alle Mittelwerte wegwerfe, nur weil viele Bücher die nicht angeben... Verstehe ich nicht wirklich
Wenn ja, müsste man mal testen, ob eine andere Verteilung in Frage kommt oder ob es gar keine so große Rolle spielt, dass es nur knapp keine Normalverteilung ist.
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Richtig empfunden, jedenfalls beim Mittelwert und den Konfidenzgrenzen und der Stichprobengröße.
Ich habe es wohl zu salopp (oder unpassend mit einer Prise Ironie) formuliert. Es ist mehr als Empfindung - ich kann auch begründen.
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Was du vergessen hast, ist die Konfidenz selber, denn es macht für die Grenzen der geschätzten Verteilung schon was aus, ob ich mit 80, 90 oder 95% schätze.
Nein, ich habe das nicht vergessen, nur nicht explizit dazu geschrieben. Ich ging davon aus, dass das ohnehin klar ist.
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Angaben wie (5,2-)5,6-7,8 x 3,1-4,6 µm empfinde ich als unsinnig, da niemand mit einem Lichtmikroskop 5,6 µm lange Sporen von solchen, die 5,5 µm lang sind, unterscheiden kann. Die Physik ist da unbestechlich.
Die Physik schon. Die Mathematik ist da zum Glück einen Schritt weiter.
Mathematik ist Geisteswissenschaft. Ich rede hier von Biologie - und ich hatte mich hier auf die klassischen Ober- Untergrenzen und nicht auf errechnete Intervallgrenzen bezogen. Die werden meist auch anders angegeben (Mittelwert als Einzelwert und dazu die Intervallgrenzen).
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Denn, man gibt ja keine gemessenen Werte in den Konfidenzgrenzen an, sondern errechnete.
Wer ist "man"? Falls man das macht, also errechnete Werte anzugegen, dann natürlich auf 0,1 µm genau. Dann muss aber auch explizit angegeben sein, dass es nur einfiktiver, errechneter Wert ist.
Ich hatte dazu übrigens ja explizit geschrieben, dass es nett wäre, das mal zu testen. Hast du, nachdem du mal z. B. 40 Sporen gemessen hast und deine Berechnungen gemacht hast, diese mal überprüft, indem du 4000 Sporen misst und dann nochmal die Konfidenzintervalle berechnen lässt bzw. nachprüfst, ob überhaupt eine Normalverteilung vorliegt?
Ich behaupte, dass man bei einer sehr großen Zahl an Einzelmessungen die Normalverteilung abhaken kann (aufgrund der Hetersporie) - es sei denn, man hat eine Spezies, die nur eine Sporenpoputlation hat.
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Und die sollten schon ziemlich genau angegeben werden. Denn, um Mittelwerttests zum Vergleichen von Stichproben machen zu können, benötigt man die Standardabweichung und die kann man nur wieder zurückrechnen, wenn man obige Angaben ziemlich genau hat.
Siehe oben und siehe meinen Beitrag, auf den du dich beziehst.
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Man schätzt immer die Grundgesamtheit, also hier alle Sporen des Pilzes. Eine Diskussion über die Kommastellen der eigenen kleinen Stichprobe ergibt sich nicht aus der Auflösung des Lichtmikroskopes, sondern aus der Reproduzierbarkeit der Angabe und dem späteren Mehrwert.
*seufz* Wir reden hier aneinander vorbei. Übrigens folgt die Reproduzierbarkeit der Angabe aus dem Auflösungsvermögen. Mach mal Sporenfotos bei 100facher Vergößerung - vergrößere das Foto dann di8gital auf 10.000-fach und miss dann auf 0,sonstwas µm genau aus. Dann ist keine der Einzelmessungen sauber reproduzierbart, es sei denn, du versuchstr auzfwändigst den Schärfebereich zu quantifizieren und dann z. B. die Mitte zu nehmen. Dann kann es sein, dass du aber nicht die Sporenwand, sondern einen Beugungsring genommen hast (usw.). Natürlich hängt dier Reproduzierbarkeit der Messung vom Messgerät ab.
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Allgemein bekannt ist, das der Mittelwert-T-Test und der Welch-Test sehr robust darauf reagieren, wenn es mal nicht ganz eine Normalverteilung ist.
"Wenn es mal nicht ganz eine Normalverteilung ist" ist schon sehr euphemistisch, wenn du deutlich heterospore Arten vor die hast. Bei sagen wir mal 20 Messungen und Eliminieren von Ausreißern wirst du aber "berechnen", dass sie nicht heterospor sind. Und schon ist die errechnete Aussage biologisch unsinnig. Extremes Beispiel, ich weiß, aber denk einfach mal drüber nach.
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Das führt dazu, dass auch bei schiefen Verteilungen diese Tests ganz gut funktionieren. Und das bedeutet, dass auch wenn mal keine Normalverteilung vorliegt, man die Angaben mit Konfidenzintervallen trotzdem machen sollte, aber diese Tatsache erwähnen sollte.
"ganz gut funktionieren" ist eine sehr unmathemtische Aussage. Einerseits argumenbtierst du sehr strikt mathematisch, um am Ende bei dem Problem von rechtsschiefen Verteilungen zu sagen "es geht schon ganz gut". Das finde ich in sich unlogisch.
Die These, dass man dann trotzdem Konfidenzintervalle angeben sollte, kann ich durchaus nachvollziehen, aber eben nicht die der Normalverteilung. Da teile ich deine These nicht.
Was mich wundert, ist die Verknüpfung von Pilzbestimmung (Werte wegschmeißen, wenn sie nicht zur Literatur passen) mit dem errechnen von Konfidenzintervallen. Die Pilzbestimmung wäre ein Test, ob die eigenen Sporenmessungen eher auf Art 1 oder auf Art 2 passen. Man kann da durch geeignete Tests die Wahrscheinlichkeit der Zuordnung errechnen, wenn man die Verteilungnen der beiden zugrundeliegenden Arten hat. Dafür muss aber jemand von den beiden Arten bei sehr vielen Fruchtkörpern Messungenb erhoben haben, um auch die Schwankungen zwischen Kollektionen einer Art mit einzubeziehen. (deshalb habe ich so viele Kremplingskollektionen ausgemessen und die Bereiche der Mittelwerte ausgerechnet mit Konfidenzintervallen für die Mittelwerte). Das müsste mit jeder Messgröße passieren (L, B, Q, V usw.). Dazu gibt es aber kaum Daten. Es wäre also wenn, dann doch sinnvoll, hier auf Dokumentation und weniger auf Bestimmung zu gehen (ich weiß nicht, ob das jetzt nachvollziehbar ist). Naja, egal.
Ich will auch nicht streiten - ich nicke nur nicht jede These gleich ab. Und das Aufpressen einer Normalverteilung auf eine rechtsschiefe Verteilung mache ich persönlich eben nicht. Und seit ich wieder Amateur bin und auch nicht mehr so genau messen kann (die Auflösungsgrenze erreicht mein Mikroskop nicht, das in der Uni war da außergewöhnlich) und ich auch wieder (zeitbedingt) gröber arbeite, werte ich wieder eher klassisch aus. Also Schwerpunkt auf Mittelwerte, weniger auf die Grenzen der Populationen. Bin eben nur Amateur.
Das Messen von Fotos lehne ich für mich auch ab - bin da eben altmodisch und mache es so, wie ich es in der Uni gemacht und gelernt habe. Ich messe lieber am Original als an einer Rpeoduktion des Originals. Und da kann ich besser entscheiden, ob die Sporen richtig und wirklich plan liegt.
Meine Sorge ist nur:
Da gibt es ein Blackboxsystem - man macht ein Foto, man lässt am Bildschirm ausmessen, vertraut der Software und schreibt die Ergebnisse ab (kenne ich aus der Biologie, insbesondere bei multivariaten Auswertungen, also Korrespondenzanalysen). Wenn dann der Anwender nicht weiß, was da wirklich passiert, kommt es leicht zu Fehlanwendungen (siehe mein Beispiel der Heterosporie).
Sind alles nur Gedanken. Ich habe mich halt beruflich bedingt damit sehr intensiv beschäftigt. Daher äußere ich mich auch dazu
LG
Christoph
VG, Jens
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