m.E. haben Ahemi und kruenta beide Recht.
Ahemi hat korrekterweise gewarnt, da der Kahle Krempling nach neuesten Erkenntnissen giftig ist, und zwar oft erst nach langer Zeit und häufigeren Konsum.
Kruenta wendet ebenso korrekt ein, daß der Pilz viel in Osteuropa gegessen wurde und immer noch wird. Auch in Westeuropa wurde er früher zu den Speisepilzen gezählt. Auch das Argument, die (sicherlich wohlmeinende) Nachbarin nicht zu verprellen, ist relevant.
Nun können Holl und alle anderen, die dies hier lesen, selbst entscheiden, ob sie diesen Pilz (oder eben Alkohol oder Zigaretten) zu sich nehmen wollen. Sie sollten aber auf jeden Fall zuerst mehr darüber lesen, worauf Ahemi ja schon hinwies. Auch hier im Forum gibt es schon etliche Beiträge über dasselbe Thema. (Suchfunktion!)
Servus beinand,
ich nehme dieses Posting heraus, weil es ein paar Dinge anspricht, die ich gerne versuchen will, zu erläutern.
Zunächst: Der Kahle Krempling ist ausreichend erhitzt nicht giftig, also kein Giftpilz. Daher hinken alle Vergleiche mit Giftpilzen. Das Verzehren von Kahlen Kremplingen kann aber zum Tod führen. Nur ist es keine Vergiftung.
Auch sind es keine neuesten Erkenntnisse - dass Kremplinge töten können, weiß man schon lange. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist ein bayerischer Mykologen an einer Kremplingsmahlziet gestorben. Das ist nicht neu. Daher kann jeder, der neugierig ist, ausreichend Informationen zum Kremplings-Syndrom finden.
Warum Kremplinge tödlich sein können? Sie lösen eine Autoimmunreaktion aus. Das eigene Immunsystem zerstört dabei die Roten Blutzellen, was zum Tod führt. Das kann auch nach einer längeren Pause passieren (früher hat mna Kremplinge gegessen, 20 Jahre später isst man sie noch einmal und das war einmal zu viel).
Offenbar enthalten Kremplinge Antigene, die senen auf Roten Blutzellen entsprechen. Wenn unser Immunsystem diese Antigene als Feind interpretiert, wars das quasi.
Daher hinkt auch der Vergleich mit Alkohol oder Nikotin. Diese Stoffe sind nicht erst scheinbar harmlos und dann tritt spontan der Tod auf. Wenn, dann tritt irgendwann Krebs auf oder man wird immer mehr "kaputt gehen" (Raucherlunge usw.). Bei Kremplingen passiert erst gar nichts und irgendwann ist die nächste Mahlzeit lebensgefährlich.
Die Fälle aus Nürnberg sind in einem medizinischen Fachjournal publiziert. Ich kann's gerne mal raussuchen. Ich hatte schon vorher im BMG-Forum darüber informiert, weil ich die damals zugezogene Pilzsachverständige kenne.
Auch in Osteuropa sind übrigens auch Fälle des Kremplings-Syndroms bekannt. Es ist keine Eigenart Mittel- oder Westeuropas.
Was schwer zu ermitteln ist: wie hoch ist das Risiko, das Kremplingssyndrom zu entwickeln? Wie hoch ist im Vergleich das Risiko, beim Autofahren zu sterben? Ich nehme das als Vergleich, weil man da auch "spontan sterben" kann. Da man aber nicht weiß, wie viele Fälle früher auftraten (also als Kremplingssyndrom erkannt wurden/beachtet wurden), kann man keine Statistik führen. Ich weiß nur, obwohl bei uns wirklich wenige noch Kremplinge essen, immer noch schwere Fälle auftreten.
Deshalb esse ich keine Kremplinge. Ich gebe sie auch nicht bei der Pilzberatung frei. Wenn aber jemand frei entscheidet, dass er (oder sie) das Risiko eingehen will, weil der Genusswert so hoch sei, ist das die persönliche Entscheidung. Manche gehen Bergsteigen und nehmen das Risiko des Todes für das Gefühl am Gipfel auf.
Da es aber so viele Speisepilze gibt – auch häufige – sehe ich das Eingehen des Risikos bei Kremplingen als völlig unnötig an. Wozu, frage ich mich?
Nochmal zum Thema giftig... es schadet m.E., den Krempling als giftig zu bezeichnen. Denn wenn jemand dann erzählt, seit 40 Jahren Kremplinge zu essen, fällt das Argument ("doch, er ist trotzdem giftig") wie ein Kartenhaus zusammen. Kremplinge zu essen ist reines russisches Roulette. Das trifft es besser. Und fachlich löst er potentiell tödliche Autoimmunreaktionen aus.
Liebe Grüße,
Christoph