Hallo Bernd,
toll was du mittlerweile alles für Sachen auf deinem Hof gefunden hast! Dafür müssen manche hier weit fahren und ein NSG aufsuchen.
Wenn ich mir das Standortfoto so anschaue, würd ich vorschlagen, wenn du mit den Stecknadelflechten durch bist und es wieder länger Plus Grade hat, dann lehn mal ne Leiter an den Schuppen und schau dir das Asbest- Moos genauer an- solche alten Kissen könnten den ein oder anderen Becher beherbergen..
Aber zurück zu deiner Flechte- ich habe mich letztes Jahr versucht etwas in die Stecknadeln einzulesen und bin manchmal schier verzweifelt, denn die Unterscheidungsmerkmale sind wie ich finde nicht immer sehr trennscharf wie die Schlüssel zB bei Italic das suggerieren. Und oft erscheinen mir (innerhalb einer Gattung) sogar makroskopische Merkmale wie die Thallfarbe das auschlaggebende Kriterium zu sein! Diese ist auf Fotos (vor allem bei der nötigen Vergrößerung) bisweilen nicht sonderlich farbtreu. Und: semantische Beschreibungen der Farben sind für micht nicht zu gebrauchen, die Farbwahrnehmung ist interindividuell viel zu unterschiedlich. Bei Russula gibt es für so etwas die Farbtafeln von Romagnesi, man sollte solche Tafeln auch mal für Flechtenthalli definieren. Ich bin zu dem Schluss gekommen, ich muss mal einen Spezialisten begleiten, der mir die Thallusfarben korrekt zuordnen kann.
Das vorneweg, musste ich tatsächlich bei deinen Stecknadeln oben an Ch. phaeocephala denken, die ich letztes Jahr zwar nur an zwei Orten, dort aber an mehreren Bäumen (meist Eichen und Pappeln) finden konnte. Die hellgraugrüne Thallusfarbe, die leuchtend hellgrün/gelb bereifte Apo Unterseite und das braune Mazaedium passen meine ich gut. Die Sporengröße wäre auch im Rahmen. Ich fand noch ein auffällig grobscholliges Ornament, was ich auf deinen Aufnahmen aber aufgrund des Fokus auf die Sporenmitte nicht gut erkennen kann - wie sah das bei deinen Sporen aus? Siehe Fotos unten zum Vergleich.
EDIT: nach der Beschreibung bei Italic trifft das für Ch. subroscida: "wall with irregular cracks delimiting polygonal areas" ebenfalls zu..
Bezüglich der Ökologie wäre ich vielleicht nicht so streng, mir scheint, dass viele Arten sowohl auf Nadel als auch auf Laubholz zu finden sind, falls das Milieu ähnlich (in diesem Fall sauer) ist. Ich konnte auf einer alten Eiche einige Arten finden, die vor allem für Nadelbäume beschrieben sind. Wenn man das Netz durchforstet findet man durchaus auch Beschreibungen von Ch. phaeocephala auf verbautem Nadelholz. Kurzum ich finde den Fall schwierig, die Beschreibungen von Ch. subroscida würden schon auch passen, aber ausschließen würde ich Ch. phaeocephala zumindest aufgrund des Habitats nicht kategorisch. Die Chemie bringt uns hier leider auch nicht weiter, die beiden Arten verhalten sich identisch (alle Tüpfel negativ, Vulpinsäure in der gelben Pruina)
Zum Vergleich ein paar Bilder von (wie ich meine) Ch. phaeocephala von Quercus rob.
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n.b. der Thallus zu den Fruchtkörpern ist grau, die grünen Thalli sind eine andere Art!
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Photobiont
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grobscholliges Ornament
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etwas ratlose Grüße
Ingo