Hallo Martin,
danke für diesen wunderbar bebilderten Bericht unseres Ausflugs! Ich hab mich sehr gefreut Dich mal persönlich kennen lernen zu dürfen und mit Dir einen Tag lang durch den Sand zu kriechen. Ich bin tatsächlich leider noch nicht groß zu Bestimmungsversuchen gekommen aber ein paar Bilder kann ich schon jetzt beitragen. Vielleicht auch etwas zum "Drumherum" - die Flechten hast du ja schon toll portraitiert. Ich danke Dir jedefalls dass Du mich auf einige Flechten gestoßen hast, die ich aus stehender Position ganz klar als "Dreck" abgetan hätte! Wenn ich von den Flechten, die ich mitgenommen habe später noch was bestimmen kann werde ich es einfach hier nachtragen.
Unser erstes Ziel war ein typischer "Steckalaswald" wie der Nembercha sacht- ein durch den kargen Sandboden und zusätzliches jahrhunderte?langes Absammeln der Nadelstreu (als Einstreu für die Nutztierhaltung) ausgemergelter und verkümmerter lichter Kiefernwald. Wobei dieses besondere Habitat in den letzten Jahrzehnten zunehmend geschrumpft ist, da heute natürlich niemand mehr mit dem Rechen in den Wald geht um Einstreu zu holen. Daher wird es dieser "Kultur"landschwaft ohne weitere menschliche Eingriffe ähnlich ergehen wie den Trockenrasen, die nicht mehr regelmäßig beweidet werden. So fanden wir in den Wasserabflussrinnen bereits dichte Bestände von hunderten von Jungkiefern und auf der nun wieder bodenbildenden Nadelstreu scheinen Moose langsam die Flechten zu verdrängen. Richtig ausgedehnte Rentierflechtenbestände konnten wir dort schon gar nicht (mehr) finden, es waren meist kleinere verstreute Tupfer. Dennoch gab es dort (zumindest für mich) einen noch überraschend mannigfaltigen Cladonienbestand.
Doch eins nach dem anderen, auf dem Weg in den Wald konnten wir auch schon ein paar (offtopic) Sachen finden:
1)
Am Wegrand des mit Kalksteinen geschotterten Weges wuchsen diese Stendelwurzen (Epipactis spec.). Leider hatte ich meine Kamera direkt vom Mikro abgebaut und die Belichtungskorrektur nicht wieder zurück gestellt. Das ist mir dummerweise erst nach einigen Bildern aufgefallen.
2)
Die schwarze Königskerze (Verbascum nigrum) trägt eine gewagte Farbkombination.
So, nun denn, wir biegen ab auf einen kleinen Waldpfad und nach ein paar Metern zeigen sich schon die ersten Bodenflechten.
Am auffälligsten, weil am größten, waren natürlich die Rentierflechten:
3)
Man erkennt links eine kaltweisse, etwas gröbere und rechts und oben eine feinere leicht gelblich tingierte.
Die linke reagiert K+ (schwach gelb), die rechte K-; beide P+ (rot-orange). Beide sind vorwiegend in eine Richtung gekrümmt, damit würde ich mit dem "kleinen Wirth" die linke C. rangiferina und die rechte C. arbuscula nennen wollen.
C. cf rangiferina
C. cf arbuscula, jeweils oben P und rechts K
4) Die folgenden meist verzeigten Cladonien mit offenen Achseln konnte ich noch nicht bestimmen. Edit: vermutlich C. gracilis
5) Die hier hätte ich mal frech mit dem Arbeitsnamen C. furcata benannt, muss ich mir aber noch genauer ansehen.
6) C. gracilis war häufig anzutreffen
7) Die könnten C. cornuta sein - Martin, die hast du nicht zufällig eingesteckt oder? (ich nämlich leider nicht) Edit: siehe Martins Kommentar unten vermutich ebenfalls C. gracilis
Auch einige Großpilze gab es, als wären sie beleidigt, dass wir nur Flechten anschauen wollten, positionierten sie sich an unübersehbaren exponierten Stellen oder in knalligen Farben als wollten sie sagen HIIIEER ihr dämlichen Schwammerlsucha ohne Körbchen, wir sind auch noch da!
8)
harzige Sägeblättlinge (Neolentinus adhaerens)
9)
dickschalige Kartoffelboviste (Scleroderma citrinum)
10)
Gelberla
11)
Ok, nicht ganz so groß.. Marasmiellus spec. (nicht untersucht, es sollte ja um Flechten gehen)
Nach einer Stärkung ging es dann in eine ehemalige Sandgrube auf einer Binnendüne. Dort gibt es aufgrund des steiler abfallenden Bodens offene Sandflächen, die im Sommer extrem heiss werden und daher ein etwas anderes Artenspektrum erwarten ließen.
Ein Weg führt drumherum, es wird Landschaftspflege betrieben, sprich hin und wieder die Jungkiefern entfernt. Die Gerippe wurden am Rand dann aufgetürmt und beherbergen mittlerweile auch eine hübsche Cladonienlandschaft, aus der Martin ja bereits einige Exemplare gezeigt hat.
12) Ein typischer Großpilz dieses Habitats ist der Erbsenstreuling (Pisolithus arrhizus), den ich am Wegrand noch zufällig fand; aber auch nur da er bereits streute.
13) Am Totholz wuchsen auch diese Zinnober"trameten" (Pycnoporus cinnabarinus), offenbar war es die letzen Wochen feucht genug, die hätte ich hier eher nicht erwartet.
Die typische Fauna dieser ariden Landschaft flog auch einmal an uns vorbei: blauflüglige Ödlandschrecken (Oedipoda caerulescens). Leider zu schnell um sie abzulichten und das namensgebende Blau lässt sich nur im Flug wahrnehmen.
Wir hatten Glück und es war "nur" 24C Lufttemperatur- bei einem 30C Tag hätten wir auf diesen Part wohl verzichten müssen, über dem Sand dürften das dann nämlich eher 50C sein. Trotzdem lief uns alsbald der Schweiss den Rücken herunter.
Obwohl wir also schon nicht mehr ganz frisch waren konnte ich Martin noch zu einer dritten Etappe an eine Hochspannungstrasse überreden.
Wer sich nun fragt was das für eigenartige Spuren im Sand waren- das haben wir uns auch gefragt. Auf dem Rückweg sind wir dann drauf gekommen. Man muss dazusagen, die nächste geteerte Straße befindet sich vor der dunklen Waldsilhouette am Horizont. Viel Spass beim rätseln;)
14)
Wo es viele Kartoffelboviste gibt fühlen sich auch deren Parasiten wohl: Pseudoboletus parasiticus
15)
rotfrüchtige Cladonien gaben schöne Bilder mit Farbtupfen ab
16)
hier habe ich mir mal als Arbeitsname C. rei notiert, aber auch noch nicht näher drauf geschaut.
17)
meine Hoffnung für diese letzte Tour waren die kleinen rosa Köpfchen alias Dibaeis baeomyces.
Ich hatte sie letztes oder vorletztes Jahr hier einmal im Winter gefunden. Die Lager hatte ich damals von Ferne auch nur für "Dreck", in diesem Fall für irgendwelche auskristallisierten Salze gehalten. Hätten nicht zufällig welche „geblüht“, wäre ich niemals drauf gekommen.
Genauswenig wie auf die beiden Erdflechten (Placynthiella) die mir Martin zeigen konnte. Da war ich schwer beeindruckt als ich unter der Lupe Massen an Apothecien sehen konnte.
So das wars erstmal von mir, ich hoffe ihr hattet auch ein wenig Freude mit uns im Sandkasten, Danke nochmal Martin, dass Du den weiten Weg auf Dich genommen hast!
Viele Grüße
Ingo