Hallo Michael,
ich finde das Thema der Altersbestimmung von alten Bäumen sehr interessant, bin aber da kein Profi. Aber vielleicht findest Du (in desem Forum ist das Duzen normal) meine Erwägungen sachdienlich.
Meiner Meinung nach beruhen Altersangaben sehr oft auf Schätzungen wobei gern nach oben geschätzt wird, klingt einfach spektakulärer. Wenn das Alter der Naturdenkmäler im Nachbardorf auch nur geschätzt ist, bringt es nicht allzuviel damit zu vergleichen. Man unterschätzt im Allgemeinen das Wachstum freistehender Eichen. Ein Beispiel, es gibt in Deutschland viele Bismarck-Eichen, von denen bekannt ist, wann sie gepflanzt wurden, und man kann wohl davon ausgehen, dass junge und gesunde Bäume gepfanzt wurden, nicht älter als 20 Jahre. In der Wikipedia findet man z.B. diese https://de.wikipedia.org/wiki/Bismarckeiche_(Oberkotzau) deren BHU 2018 mit 4,55 m angegeben wird. Gepflanzt 1895 + 20 Jahre vorher macht knapp 150 Jahre Alter - und die ist schon dicker als die Deinige. Angaben findet man im Netz in den jeweiligen Orten sicher noch zu mehr Bismarckeichen mit bekanntem Pflanzdatum.
Die Herangehensweise des Historikers. Gibt es im Ort einen Dorfchronisten oder ein Heimatmuseum? Alte Karten können durchaus helfen, manchmal werden solitäre Bäume als Grundstücksgrenze genannt oder genau dazu gepflanzt. Die Größe des Nachbargrundstücks und die Architektur sprechen dafür, dass die Eiche vor 100 Jahren auf Feld oder Weide, vielleicht als Straßenbaum stand. Ein Waldbaum hätte unten nicht so ausladende Äste. Na und prüfen, worauf die Altersangabe der Eichen in den Nachbardörfern beruht.
Messen. Altersmessung erfolg normalerweise über Zählen der Baumringe. Der abgesägte Ast ist noch nicht komplett tot, er muss aber relativ alt sein, da weit unten entspringend. Jedenfalls hat er den kompletten Satz an Jahresringen ab dieser Wuchshöhe. Falls Du Dich entscheiden solltest, diesen Ast abzusägen, säge ihn diagonal durch (gern auch nachträglich), um die äußerst schmalen Jahresringe etwas zu vergrößern. Und auch dann wirst Du zum Zählen (die Schnittfläche idealerweise geschliffen und poliert) eine Lupe brauchen. Dann hast Du ein Mindestalter.
Alte oder ältere Eichen sind innen oft hohl, damit kann man dann das Absolutalter nicht mehr bestimmen. Es gibt dafür einen speziellen Bohrer, mit dem man einen Jahresringkern entnehmen kann, was allerdings den Baum (leicht) verletzt, ich würde das eher nicht machen.
Falls es doch ein Waldbaum war. Die Eiche ist ein Lichtbaum. Junge Eichen können im Unterholz jahrelang nahezu unverändert rumstehen, um dann, wenn die Nadelbäume darüber endlich umfallen, mit rapidem Wachstum zu beginnen. Es kann also durchaus sein, dass die inneren 2 cm der Jahresringe 50 oder gar 100 Jahre zeigen würden, wenn man sie auslesen könnte.
LG, Bernd