Hallo allerseits, die Diskussion ist zwar schon alt, aber wohl immer noch aktuell.
Ich meine, dass es nicht wirklich begründet ist, die "deutschen" und die wissenschaftlichen Namen so voneinander abzugrenzen. Und zwar deswegen, weil die wissenschaftlichen Namen in ihrer Eigenschaft als Fachsprache der Mykologen gewissermaßen als Soziolekt Teil der deutschen Sprache sind. So wie die arabischen 1, 2, 3 oder die altindische 0 auch Teile der "deutschen" Rechenkunst und Buchführung sind. Oder wie es in der "deutschen" Chemie heißt H20 statt Wasserstoof-2-Sauerstoff (W2S). So etwas wie ISO 9001 wird auch nicht übersetzt und funktioniert im Deutschen hervorragend. Vielleicht sollte man besser von wissenschaftlichen und Trivialnamen (vgl. eng. vernacular names) sprechen.
Zweifellos sind Namen wie Echter Pfifferling, sinnvoll, aber das Kreieren von "deutschen" Namen kann schnell ins Absurde führen, wenn es um Arten geht, die im ganzen Sprachraum vielleicht 10 Leute bestimmen können und man eher mit den Kollegen im internationalen Kontext darüber redet.
Ich wohne in einem Land (Litauen), in dem es eine staatliche Sprachkommission gibt, die sich anmaßt, für alles und jedes Begriffe vergeben zu müssen, das zu regulieren und den Leuten die Verwendung unerwünschter Wörter und Redensarten (wofür man den Begriff "Barbarismus" geprägt hat) auszureden. Dass das dem verfassungsmäßigen Recht auf freie Meinungsäußerung entgegensteht, was soll's. Bindend ist das aber gefühlt schon für Beamte in den Naturschutzbehörden und viele Leute fühlen sich gemäßigt als Blockwarte aufzutreten, wenn man andere Trivialnamen benutzt. Das ist nichts, was man wirklich haben will.
Die Trivialnamen entstammen entweder der Tradition oder sie werden zur Tradition indem sie in Sammelwerken kodifiziert werden. Wobei im deutschsprachigen Raum die Wikipedia erheblich zur Normierung beiträgt - da man hier im Gegensatz zur englischen Wikipedia die Nennung der wissenschaftlichen Namen als Lemma vermeidet. Echte Pilznamen aus der Region immer gern, ich würde es sogar ausdrücklich begrüßen wenn nach der Nennung des wissenschaftlichen Namens die regionalen Namen, sofern bekannt, genannt werden würden.
Die wissenschaftlichen Namen wurden dezidiert dazu geschaffen um Verwechslungen und Chaos in der Kommunikation zu vermeiden, wenn man grenzüberschreitend tätig ist, lernt man das schätzen. Man kann selbst in persischen oder chinesischen Studien noch erfassen worum es geht. Dass Taxonomen Doktorarbeiten schreiben wollen und dafür ständig neue Zuordnungen (er)finden - dafür gibt es das Konzept des Synonyms - "alte" wissenschaftliche Namen werden dadurch nicht ungültig. Und "richtig" oder "falsch" oder gibt es in der Taxonomie nicht. Im schlimmsten Fall wird ein Name ungebräuchlich.
Schließlich noch, wer immer eine Art bestimmt haben möchte, für die es ggf. der Mikroskopie etc. bedarf, begibt sich damit unweigerlich in den Bereich der Wissenschaft und sollte folglich bereit sein, wissenschaftliche Namen zu akzeptieren. Wasche mich, aber mach mich nicht nass!
In der Ökonomischen Botanik gibt es das Konzept "Unkraut". Alles was zu nichts gut ist, oder von dem wir nicht wissen wozu, ist ein Unkraut. Pilze, die nicht gegessen werden können und auch sonst zu nichts zu Nutze sind, wären dann "Unpilze". Wer die Arten aus wissenschaftlichem Interesse wissen will → wissenschaftliche Namen.
LG, Bernd