Beiträge von KaMaMa

    Hallo zusammen!


    Ich bis diese Woche bei meinen Flechtenproben aus den Alpen auf das Probendöschen gestößen, auf das ich schon lange gespannt war.

    Die zugehörige Flechte wuchs auf der wetterexponierten, etwas geneigten Oberseite eines Silikatfelsens (Glimmerschiefer o.ä.) in 2370-2380m Höhe in den südlichen Ausläufern der Granatspitzgruppe, südwestlich vom Großglockner.

    Bild 1 Oben auf'm Berg ist's schöön.

    Beim Hinaufkommen habe ich getrickst und auf technische Hilfsmittel zurückgegriffen (Seilbahn), denn mir ist nicht der Weg das Ziel, sondern das Obensein.


    Aufgemerkt ( ==Gnolm19 :( Wenn der unkundige Laie nun meint, er blicke hier hier Berge und Felsen, so täuscht er sich.

    Er blickt allerorten auf Flechten, die die Felsen und Berge überziehen und so dem direkten Blick entziehen.

    Nur die Form der Felsen und Berge verrät, was sich unter dem durchgängigen Flechtenteppich verbirgt.

    Nur weil viele Flechten unscheinbar gefärbt sind, fallen sie nicht weiter auf und wenden für die Steinoberfläche gehalten.

    Ausnahmen bestätigen die Regel, wenn durch Verwitterung eine Steinscholle vom Fels abplatzt und die Flechten mit dem Überwachsen nicht schnell genug drüberwachsen, ehe man hinschaut.

    Oder Quarz an der Oberfläche ansteht - den mögen sie nicht.


    Aber zum Fund...


    Fall 1

    Bild 2 Hellgraue, lecideine Kruste mittig und links, rechts daneben eine ockerfarbene, schollige Kruste - um diese geht es hier.

    Ich muss mich entschuldigen - hier ist tatsächlich auch mineralischer Grund zu erkennen.

    Die großen Quarzadern werden meist vom Bewuchs ausgespart - wahrscheinlich zu hart und chemisch inert.


    Bild 3 Nochmal etweas mehr von der Seite. Ein kleines Stückchen wird abgeknapst und eingesackt.


    Es handelt sich um eine beige, schuppige Kruste.

    Die Schuppen sind konvex und zeigen schwarze, meist randliche, raue Strukturen.

    Bild 4 Lupenbild der Oberfläche. Die Schuppen sind 1-2mm breit, der Thallus des Probenabschnittes ist ca. 2mm dick.

    Das Mark wirk seltsam zweifarbig: weiß, bereichsweise dunkler.


    Immer wichtig zum Eingrenzen, die Färbetests:

    Bild 5 Vergrößerter Querschnitt durch den Thallus (Algenschicht mit Grünalgen) und die wichtigsten Farbreaktionen auf Objektträger über weißem Papier.

    Die Probe blutet in KOH intensiv gelb aus, dann wird die Probe orangerot.

    Die Verfärbung in P geht auf eine Reaktion im Mark zurück!

    Das Mark erweist sich ferner als inamyloid (ohne Bild).


    Bild 6 Unter UV-Beleuchtung sind die dunkleren Stränge im Mark besser erkennbar. Sie verlaufen nach unten und bilden eine stielartige Struktur.


    Ob das schwarze Zeug am Rand der Schuppen zur Flechte gehört, glaube ich nicht.

    Es lassen sich büschelartige Strukturen im Mikroskop finden, ev. gehört das zu einem anderen Pilz.

    Es sind keine Isidien, keine Soredien. Fruchtkörper sind nicht zu finden.

    Damit wird die Bestimmung schwierig.


    Mit dem W-H-S-Schlüssel für placodioide Flechten, der Schuppenflechten mit umfasst, werde ich nach vielen Irrwegen voller Widersprüche letztlich zum Toninia-Schlüssel verwiesen.

    Dort, weil auf Silikatgestein, prüfe ich den einzigen Vorschlag Psorinia conglomerata (https://italic.units.it/index.…cedure=taxonpage&num=1922).

    Ich muss sagen, ganz verkehrt wirkt die Beschreibung nicht und die Fotos der sterilen Ausformung von O. Gonnet bei Italic könnten gut zum Fund passen.

    Auch die Chemie ist zumindest nicht komplett verkehrt, wobei es bei Italic heißt, dass das Mark rot in KOH reagiere (ohne Belegbild), wobei hier der Cortex, nicht das Mark orangerot reagiert.


    Die gleichen schwarzen Strukturen in der Fläche der Schuppen wie im Foto bei Italic finde ich genau so auf der Probe wieder.

    Ich vermute Pyknidien:

    Bild 7 Bildausschnitt aus Foto (ohne Beschreibung) von Pier Luigi Nimis auf der Italic-Seite (Link siehe oben); Pyknidien?


    Wenn schon keine Sporenanalyse möglich ist, müssen wenigstens Pyknidien untersucht werden!

    Bild 8 Vermutete Pyknidien; Bildeinsatz mit Querschnitt durch Schuppe


    Bild 9 Gequetschte Pyknidie mit grünlich-schwarzer Hülle und Mengen an austretenden, stäbchenförmigen Konidien


    Bild 10 Bacilliforme Pyknosporen; ich messe stichprobenweise 9-11 x 1 µm.

    Das liegt zwar am unteren Ende der bei Italic angegebene Längen (dort 12-20 x 1), stimmt mich aber zuversichtlicher.


    Könnte also tatsächlich eine noch sterile Psorinia conglomerata sein. Aber ob es wirklich stimmt?


    Fall 2

    Heute dann eine weitere interessante Flechtenprobe vom gleichen Fundort, nur ein paar Meter weiter gefunden.

    Unter einer Steinplatte befindet sich eine Höhlung.

    In einer Tiefe von 3-4cm entfernt von der Kante, völlig regengeschützt, an der Decke sitzend, eine graue Flechte mit üppig Apothecien.

    Bild 11 Flechten an Decke (?).


    Ich vermute rückblickend, dass dies nicht die ursprüngliche Konstellation sein kann, da zumindest die anderen auf dem Foto sichtbaren Flechten nicht an Höhlendecken zu wachsen pflegen.

    Wahrscheinlich wurde eine Steinplatte aus dem Weg geräumt und verkehrt herum auf die anstehenden Felsen neben dem Weg abgelegt, dort von mir so gefunden.

    Bild 12 Ein Stück Thallus fällt mir beim Berühren der Flechte fast entgegen, etwa 20 x 15 mm groß.

    Von Art der der Areolierung entfernt an Ophioparma ventosa erinnernd.


    Bild 13 Die unbereiften Apothecien sitzen knäuelig, dicht gepackt auf dem Thallus auf.

    Bei sehr jungen Exemplaren ist ein glänzender, schwarzer Rand erkennbar (z.B. oben links zwischen den größeren Knäueln).

    Ältere Apothecien sind randlos und unförmig.

    Die Thallusareolen haben konkave Gruben mit glänzender ockerfarbener Oberfläche. Die konvexen Grate der Areolen sind matt und weißlich-grau marmoriert.


    Bild 14 Links: Eine ausgelöste Areole zeigt den bäumchenartigen Wuchs mit stielartiger Verlängerung.

    Rechts: Medianschnitt durch die angefeuchtete Areole zeigt helles Mark auch im Stiel.


    Bild 15 Farbreaktionen der Flechte an dünnen Scheiben auf Glas über weißem Papier.


    Bild 16 Die K-Reaktion an einem dickeren Probenstück zeigt rote Stellen auf der Rinde (ev. länger Warten gelb => rot?)



    Bild 17 Bruchkante durch Thallus mit Apothecien-Knäuel

    Links: Aufsicht auf den trockenen Thallus mit schwarzen Apothecien

    Mitte: Blick seitlich auf die Bruchkante auf einen etwa 1mm hohen Stapel übereinander getürmter Apothecien mit bräunlichen Rändern (trocken)

    Rechts: Gleiche Stelle angefeuchtet und zur Überprüfung angeschnitten: Die braunen Stellen enthalten Hymenium und sind somit keine alten oder befallene Areolen.


    Ein Dünnschnitt wurde quer durch ein planes Apothecium hergestellt.

    Bild 18 Blick von oben auf schwarzes Apothecium; Dünnschnitt zur Analyse (Bild 19f)


    Bild 19 Dünnschnitt durch Hymenium in Wassertropfen unter dem Mikroskop.

    Epihymenium tief grün bis bläulich grün, Hymenium farblos (50-65 µm dick), Hypothecium farblos (75-85 µm).

    (Die hellen Strukturen im polarisierten Licht habe ich nicht weiterverfolgt, ev. Asci)


    Bild 20 Asci 8-sporig, keulig, mit dickem, amyloidem Tholus. Hymenium J+ blau und K/J+ blau. Auch das Hypothecium reagiert J+blau (ohne Bild).


    Zuerst erkannte ich nur 1-zellige Sporen. Jeder Bestimmungsversuch mit 1z Sporen geht in die Irre und führt zu Widersprüchen.

    In Lugol und besser in BWB sind (auch) 2-zellige Sporen deutlich erkennbar.

    Bild 21 Asci in Wasser; gefärbt in Lugol und in Baumwollblau. Im rechten Teilbild (BWB gefärbt) sind zweizelligen Sporen im Ascus erkennbar.


    Einige frei schwimmende Sporen wurden vermessen.

    Die Sporenmaße liegen bei 10-13 x 4,5-5,2 µm.

    Bild 22 Sporen


    Dann - mit 2-zelligen Sporen - wird die Bestimmungsarbeit wieder interessant:

    Ich werde auch diesmal zum Toninia-Schlüssel verwiesen und lande - bei Psorinia conglomerata!

    Schaut man genau hin, finden sich die gleichen schwarzen Pyknidien, wie bei der ersten Flechte (vgl. Bild 7) ==Gnolm15

    Bild 23 Reife Psorinia conglomerata mit Apothecien und Pyknidien


    Die zweite Flechte sollte von der Bestimmung her stimmen.

    Die Beschreibung und auch die Detailfotos (z.B. auch die merkwürdige und auffällige Struktur der Thallusoberfläche) bei Italic stimmen sehr gut mit den Beobachtungen hier überein.

    Bei der ersten Flechte bin ich nicht 100%ig überzeugt, aber die Bestimmung erscheint mir nicht unplausibel. ==Gnolm23

    Jetzt bin ich gespannt, was ihr speziell zur ersten Flechte meint.


    Zur Sicherheit könnte ich z.B. die K-Reaktion wiederholen (und hinreichend) lange warten, ob sich eine deutliche Rotfärbung einstellt, oder eben nicht.


    LG, Martin



    Die Beschreibung bei Italic passt sehr gut zum Fund.

    Hier auszugsweise der übersetzte Inhalt:

    "Thallus schuppig, locker befestigt, bis zu 4 cm groß. ...

    Areolen/Schuppen, bis zu 5 mm breit, rundlich, konkav, olivbraun glänzend in den konkaven Bereichen, hellgrau bis weiß und an den Rändern matt, unbereift; ...

    Obere Rinde aus dickwandigen ... Hyphen, deren Stränge bis in die Medulla reichen ... ;

    Mark aus dünnwandigen, schwach verklebten Hyphen.

    Apothecien oft in dichten Büscheln, glänzend schwarz, flach bis konvex und dünnen Eigenrand. ...

    Epihymenium blaugrün, ...; Hymenium farblos, I+ blau;

    Paraphysen verklebt, spärlich verzweigt und anastomosierend, apikale Zellen nicht oder nur leicht geschwollen;

    Hypothecium farblos bis sehr blassbraun, ... I+ blau.

    Asci 8-sporig, breit keulig, mit gut entwickeltem, amyloidem Tholus, Okularkammer, breite Axialmasse; Lecanora-Typ.

    Ascosporen 1-zellig bis selten 1-septiert, hyalin, schmal ellipsoid, 9-18 x 4-6 µm.

    Pyknidien flächig, versenkt, mit ... schwarzem Ostiolus. Konidien fadenförmig, ... 12-20 x c. 1 µm. ...

    Färbeproben: oberer Kortex K+ gelb, C-, KC-, P+ gelb; Mark K+ gelb, rot, C-, KC-, P+ orange.

    Eine arktisch-alpine, zirkumpolare Art, die auf steil geneigten bis regengeschützten Oberflächen von saurem bis leicht basischem Silikatgestein vorkommt, oft in Spalten und Rissen; am häufigsten oberhalb der Baumgrenze in den Alpen, wo sie die nivale Zone erreicht."

    Quelle: https://italic.units.it/index.…cedure=taxonpage&num=1922

    Guten Morgen Inge,


    ja, die braune Aderung hatte ich gemeint, sie gehört zur Flechte. Es ist u.U. hilfreich, noch weiter zur Thallusmitte hin zu kontrollieren. Dann hieße es, vorsichtig Moos zupfen. Hier sollte das aber ausreichen.

    Den Link zu Italic kennst du mittlerweile, Bernd hat ja bereits zwei Flechten (auch P. horizontalis) verlinkt. Dort findest du ausführliche Beschreibungen den Flechte, insbesondere auch der Unterseite, die bei der Gattung Peltigera bestimmungsrelevant sind. P. elisabethae ist selten, der Thallus derb, hat selten Apothecien; sie kommt schwerpunktmäßig eher montan vor, die Unterseite sieht anders aus. Ich würde bei P. horizontalis bleiben.


    Das Angebot mit dem Beleg ist sehr nett! Ich habe hier Land unter mit meinen Alpenflechten, die ich noch zu bestimmen habe. Die Flechte bekommst du auch so bestimmt, da bin ich zuversichtlich!


    LG, Martin

    Hallo Inge,

    wenn ich mir die Orientierung der Apothecien anschaue, denke ich an P. horizontalis.

    Die in Reih und Glied stehenden Rhizinen an der Unterseite wurden passen, ebenso die aufsteigenden Ränder.

    Leider zeigst du nicht die Unterseite der Flechte weiter in der Mitte des Thallus, ob dort ein dunkles Adergeflecht mit weißen Aussparungen zu sehen ist.


    Ein schöner Fund jedenfalls, auf den ich noch warten muss...

    LG, Martin

    Hallo Peter,


    so etwas habe ich noch nicht beobachtet, finde aber die Erklärung von Ingo sehr plausibel. Die Vögel drehen ja wirklich alles um, was nicht niet- und nagelfest ist!

    Bist du dir denn sicher, dass auf dem Campus davon gefressen wurde? Oder wurde nur Unordnung (z.B. durch herumtollende Karnickel oder suchende Amseln) gemacht?


    LG, Martin

    Hallo Bernd und Peter,


    vielen Dank für eure Beiträge zum Thema!

    Zumindest für mich war ein solches Massenauftreten von Peltigeren - noch dazu in einem Wohngebiet - völlig neu.

    Es freut mich zu hören, dass die kein Einzelfall ist.

    Auch, wir schnell manche Flechten(gattungen) zu wachsen vermögen, ist erstaunlich.


    LG, Martin

    Hallo Bernd,


    interessant!


    Was siehst du denn da alles?

    Ich meine Wegerich, Klee, Gänseblümchen, Habichtskraut, Moose, Löwenzahn, bissle Gras zu erkennen - nichts Ausergewöhnliches.

    Meist Pflanzen mit Grundrosette, die sich unter dem Rasenmäher wegducken können, die stört das nicht weiter.


    Und Düngereinträge gibt es vermutlich genug, der nächste Acker ist nur ein Grundstück weit entfernt.


    LG, Martin

    Hallo!


    Vor zwei Wochen war ich zu Besuch bei meinem Bruder in einem Weißenburger (i.Bay.) Vorort am Fuße der Fränkischen Alb.

    Ein Nachbarhaus gleich über der Straße glänzt durch Nichtvorhandensein jedweder Gartenkunst (keine Bäume, keine Hecke, keine Sträucher, nix):

    Ein Zaun drumrum, dahinter ultrakurz geschorene Wiese und mittendrin das Haus.


    Von Weitem schon fiel der graue Schatten in der "Wiese" auf.

    Beim Näherkommen klappte mir der Unterkiefer runter, denn so etwas hatte ich bisher nicht gesehen:

    Es stellte sich heraus, dass der graue Schatten durch Unmengen (!) von Peltigera-Lagern kommt, die zwischen den kurzgeschorenen Gefäßpflanzen und Moosen fröhlich Urständ feiern.

    Die Flechten sehen durch das Malträtieren mit dem Rasenmäher zwar nicht besonders hübsch aus, aber andererseits profitieren die Flechten in zweifacher Hinsicht durch diese Behandlung:

    Die Konkurrenz wird klein gehalten und die geschnetzelten Thallusstücke werden verstreut und wachsen wieder an, wodurch sich die Flechte in der Fläche immer weiter ausbreiten kann.

    Der Boden ist feucht und fett, ist kalkhaltig. Der Garten durch fehlende Gehölze vollsonnig.


    Die Unterseiten der Flechte sind schneeweiß, dicht bis zum Rand mit langen, weißen, verzweigenden Rhizinen besetzt.

    Leider hatte ich kaum Zeit und nur mein Händi zur Hand.

    Trotzdem drei, wenn auch miserable Fotos:

    Bild 1 Peltigera im Vorgarten


    Bild 2



    Bild 3


    Ich kann versichern, der weitaus größere Garten hinterm Haus sieht exakt genauso aus!

    Geschätzt über 20% Flächendeckung Peltigera (oder gar mehr vor der Schur?) über mehrere 100m²...


    Leider habe ich meine noch feuchte Probe bei meinem Bruder liegen lassen. Naja - irgendwann bekomme ich sie sicher in die Finger.

    Kennt ihr solche Massenvorkommen? ==Gnolm11


    LG, Martin



    P.S. Vielleicht fahre ich dieses WE nochmal in die Ecke, zu den 12 Aposteln, und hole bei der Gelegenheit die Probe zum Eigenstudium ab.


    P.P.S. Ich konnte es nicht bleiben lassen, in Google Earth zu schauen, ob eine graue Verfärbung um das Haus zu erkennen ist.

    Schade - entweder ist die Aufnahme zu alt und die Flechten noch nicht so stark entwickelt, oder das Foto kann das nicht auflösen - große dunkle Flecken meine ich schon erkennen zu können.

    Das wäre sicher eine hübsche Anwendung für einen hyperspektralen Satelliten (z.B. ENMAP).

    Hallo Marcel / Thorwulf ,


    die Cladonie ist schon ziemlich (blass) gelb, wenn der Weißabgleich nicht trügt.

    Und: so schmal finde ich die Becher jetzt nicht. Besonders ebenmäßig sind sie auch nicht, der Elfenwein würde sicher zur Seite herauslaufen.


    So gelbe Cladonienarten gibt es meines Wissens nach nicht sehr viele.

    Wenn man die Chemiefragen im Schlüssel umschiffen möchte, hilft das Abhak-Verfahren (Filtern).

    Wenn ich das tolle Filter-Tool in der Excel-Tabelle der British Lichen Society zur Cladonienbestimmung verwende und darin

    1) unter "Colour of bulk podetium" "yellow tinge" wähle, und
    2) unter "Podetium shape" "proliferations from cup margins" wähle,

    so bleibt nach nur 2x Hakensetzen alleine Cladonia sulphurina übrig.


    Wird schon so passen, falls sie wirklich gelb ist - die Chemie würde halt beim Absichern helfen!.

    Du solltest mal mit der Tabelle spielen.

    Die Tabelle hat natürlich Stärken uns Schwächen: so es gibt Punkte, wenn du die anhakst, bleibt sofort kein Treffer mehr übrig - z.B. wenn du "keine Pyknidien vorhanden" anwählst.

    Sie ist aber durchaus zu enpfehlen, wenn man keine Wunder erwartet.


    LG, Martin

    Hallo Grafei,


    deine Pilze finde ich prima in Szene gesetzt. Außerdem zeigst du einen nicht alltäglichen Pilz.

    Da fehlt nicht viel für einen Treppchenplatz. Ich verstehe nicht viel davon, aber vielleicht, wenn die beiden Fruchtkörper nicht hintereinander und sich gegenseitig verdeckend, sondern nebeneinander fotografiert worden wären?

    LG, Martin

    Hallo Noah,


    ist ja gar nicht schlimm. Ich bin nur vorhin über den Post gestolpert und wollte mal nachfragen.

    Es hätte ja sein können, dass es ein Ergebnis gab, das, weil anderes interessanter war, nicht gezeigt und dann vergessen wurde.


    LG, Martin

    Hallo Peter,


    wenn das Mark eindeutig K- ist, sollte es wohl eine P. stellaris sein! ==Gnolm23 ==Gnolm10

    Auf deinem aktuellen Bild mit dem K-Spottest wirkt der Cortex tatsächlich glatt im Gegensatz zu dem dritten Foto oben.

    Dieses Foto hat mich an P.aipolia denken lassen:

    Detail Bild 3 mit makulater (?) Oberfläche = Pseudocyphellen


    Detail letztes Foto mit Farbtest zeigt glatte(/re) Oberfläche


    Du kannst ja mal mit der Beschreibung und den Fotos (auch vom der Cortexoberfläche) bei Italic vergleichen:

    P. stellaris bei Italic (https://italic.units.it/index.…cedure=taxonpage&num=1734)

    P. aipolia bei Italic (https://italic.units.it/index.…cedure=taxonpage&num=1718)

    Bin gespannt, ob die Verlinkung bei dir klappt...

    Bei mir in der Vorschau jedenfalls nicht, egal ob die angehängten Parameter encodiert sind oder nicht.

    Der Link ist deshalb ausgeschrieben in Klammern angehängt, somit als Text kopierbar. In den Browser als Text einfügen, sollte zumindest klappen.


    LG, Martin


    P.S.: Gut wäre übrigens eine Numerierung der Fotos, um auf sie Bezug nehmen zu können.

    Hallo Peter,


    die Rinde deines Flechtenfundes ist übersät mit kleinen weißlichen Pseudocyphellen, die besonders gut im feuchten Zustand sichtbar sind, was für Physcia aipolia typisch ist. P. stellaris hingegen soll eine glatte, pseudocyphellenfreie, emaculate Oberfläche aufweisen. Stellaris hat selten bereifte Apothecien, während sie bei Aipolia typisch sind (aber nicht notwendig bereift sein müssen).

    Du kannst zu Absicherung die Farbreaktion des Marks auf KOH überprüfen, die bei Stallaris negativ, bei Aipolia gelb ausfallen sollte. Achtung: Die Rinde beider Arten reagiert K+gelb. Also aufpassen, und nur das Mark prüfen!


    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist P. stellaris eine im Vergleich zu P. aipolia borealere und kontinentalere Art.


    Die Sporenmaße und andere Mikromerkmale sind mWn bei beiden Arten zu ähnlich, als das sie bei der Bestimmung helfen könnten.


    Kurz und gut, ich würde P. aipolia vermuten.


    LG, Martin

    Hallo Jan,


    es liegt also an den Sonderzeichen der hinter der Zieladresse angehängten Parameter(kette) - in meinem Beispiel die Zeichen "'=" und "&", die übersetzt werden müssen in "%3D" resp. "%26", was der Encoder macht. Alle anderen Sonderzeichen ":", "\", "-", "?" etc. in der Zeile inkl. Zieladresse müssen aber erhalten bleiben.


    Eigentlich sollte genau dieses Herumgewurstel der Programmcode übernehmen und nicht der Benutzer...

    Es funktioniert, ist aber - vorsichtig ausgedrückt - etwas aufwendig und dem Standarduser eigentlich nicht zuzumuten.


    Hoffen weir mal, das der Bug bald behoben sein wird, bzw. ein Systemadministrator die entsprechenden Schalter in der Forums-Software betätigt (das stelle ich mir vielleicht zu einfach vor). ==Gnolm23


    LG, Martin

    Hallo Jan,


    super, dass du uns hier einen Work-Around einstellst!


    Ich habe ihn gerade ausprobiert und muss sagen: Leider funktioniert das - zumindest bei meiner Zielseite - nicht, wenn ich wie du schreibst, an den Dereferer-String

    https://www.pilzforum.eu/sc-dereferer/?target=

    die Ziel-URL

    https://italic.units.it/index.…cedure=taxonpage&num=1320

    anhänge, was damit folgenden Gesamtstring für die Verlinkung ergibt:

    Weiterleitung - Pilzforum.eu

    Ich gelange dann zwar auf den Zielserver, werde allerdings zu einer Fehlermeldung umgeleitet:

    "https://italic.units.it/index.php?procedure=taxonpag"

    welche besagt, ich hätte keine Art gewählt, die aber eigentlich durch num=1320 definiert wurde.

    Das Ziel in Anführungszeichen setzen hilft auch nicht weiter...


    Hast du eine Idee, was das Problem sein könnte?

    Was mache ich hier falsch?


    LG, Martin

    Hallo Ingo,


    aus gegebenen Anlass habe ich dein erstes Foto mal genauer analysiert:

    Google Lens erkennt an dem Foto (Suchergebnis mit deinem Foto, bin gespannt, ob das Ergebnis von Dritten so abrufbar ist - probier mal!) die Felsformation "Kletterfelsen bei Schönhofen" / Nittendorf.

    Eine weitere kurze Recherche bei Wikipedia bestätigt meinen Verdacht, dass du da im Dolomit (Delta-/Epsilon- und Bretterdolomit - was auch immer das genau ist) herumgekraxelt bist.

    Dolomit allerorten!


    LG, Martin

    Hallo Christine,


    Bild 4+5 zeigen tatsächlich eine Lecanora s.lat., erkennbar am lagerfarbenen Scheibenrand der aufsitzenden Apothecien. Dieser Rand enthält bei Lecanora Algenzellen.

    Ohne Mikroskopie und ohne Farbreaktionen von Thallus, Apothecienrand und -scheibe (P+/-? C+/-?), ist es, gelinde gesagt, etwas schwierig die Lecanora bis zur Art zu bestimmen.

    Es könnte vielleicht eine Flechte aus dem Lecanora / Glaucomaria carpinea-Komplex sein, die bräunliche, weiß bereifte Apothecienscheiben besitzen und an glatter Laubbaumrinde vorkommen.

    Du kannst damit oder auch mit L. subcarpinea vergleichen.


    Die zweite Flechte (Bilder 6-10) könnte (wieder Konjunktiv) die häufige Lecidella elaeochroma sein:

    Die schwarzen, glänzenden Apothecien haben einen erhabenen, schwarzen Rand (= "Schälchen") und einen grau-grünlich/gelblich, rissig-körnigen Thallus.

    Leider gibt es auch hier Verwechslungspartner wie A. punctata oder C. nigroclavata.

    Genaueres erfährt man, wenn man die Sporen (einzellig/zweizellig? farblos/braun?) und die Farbreaktionen der Flechte untersucht.

    Auch der Durchmesser der Apothecien kann eine Spur sein und die Auswahl einschränken helfen.


    Zu den aderförmigen Strukturen weiß ich nicht viel - außer, dass sie regelmäßg an Totholz vorkommen.

    Ich vermute, sie entstehen, wenn der abgestorbene Ast trocknet, dabei etwas schrumpft und sich die Rinde vom Holz zu lösen beginnt.


    LG, Martin

    Hallo Thomas,

    also von Sand kann der Pilz nicht leben. Entweder lebt er im Holz der Seitenteile, dann würde er aber auf den Holz fruktifizieren. Oder etwas ist im Sand oder darunter, wovon er sich ernährt. Was ist denn unter der Folie? Hast du schon neben dem Sandkasten geschaut, ob er da auch ist?

    Wenn es ein Pilz ist, würde ich den Sand in der Wiese entsorgen, mir die Folie genau anschauen, ob sie z.B Löcher hat, ggf. reparieren und frischen Sand einfüllen. Eventuell einen anderen, trockeneren Standort dafür aussuchen.

    Einen Pilz wirst du nicht los, wenn du nur den Fruchtkörper entfernst.


    Aber:

    Nach "Hexenbutter", einer Lohblüte also, sieht mir das zwar nicht aus. Ich sehe eher einen sehr dünnen Fruchtkörper. Die Fotos sind aber nicht sehr detailliert! Du solltest sicherheitshalber auch mit der Lohblüte vergleichen. Wenn es Lohblühte sein sollte, reicht es vermutlich, wenn du den Fruchtkörper vorsichtig entfernst. (Vorsichtig, damit er nicht zerbröselt.)


    LG, Martin

    Hallo zusammen,


    nachdem ich mich nur recht langsam durch die Krustenflechten der Alpen hindurcharbeite, war ich vorgestern zur Abwechslung nach der Arbeit auf dem Heilbronner Ehrenfriedhof.

    Eigentlich wollte ich gerne Erdzungen finden. Das hat wieder nicht geklappt.

    Aber ein vermutlich nicht einheimischer Laubbaum, den ich nicht bestimmen konnte, mit sehr weicher, dicker Borke, hatte einen seiner Haupttriebe einladend tief über den Grund ausgebreitet.

    Bild 1a/b Blattloser Laubbaum mit auf Boden aufliegendem Ast. Die braune Blätter gehören zu einer Rotbuche dahinter.


    Bild 1b Gleicher Baum von der anderen Seite; seine Borke ist dick und sehr weich (vgl. Bild 13).


    Auf dem Ast, der auf dem Boden aufliegt, sind etliche große Blattflechtenarten zu finden. Das will untersucht werden!

    Bild 2a Hellgraue, glänzende Parmotrema perlatum mit welligen, rundlichen Loben und kopfigen, hellen, feinmehligen Soralen, meist an den Lobenrändern.

    Die Lappen sind deutlich aufsteigend.

    Die Buchten zwischen den Läppchen an den größeren Lappen sind rundlich.

    Die Lappenränder sind mit lange, schwarzen Cilien geschmückt.

    Das Mark reagiert P+orange:

    Bild 2b Eigenschaften von Parmotrema perlatum


    Bild 3a Auf den ersten Blick sehr ähnlich wirkt Hypotrachyna afrorevoluta.

    Sie hat in der Längsachse eingerollten Loben und kräftig-grobe Sorale, die deutlich abdunkeln (können).

    Die Lappenränder sind leicht nach unten gebogen.

    Cilien fehlen. Das Mark reagiert C+rot, P-:

    Bild 3b Eigenschaften von H. afrorevoluta


    Bild 4 Punctelia jeckeri mit undulierenden Rändern, vielen Borten- und Punktsoralen


    Bild 5 Eine gelblich grüne Flavoparmelia caperata mit querrunzeligem Thallus und groben Soralen in der Thallusmitte


    Bild 6 Parmelia sulcata - hier mit einigen kleinen Apothecien


    Bild 7 Braunflechte mit Apothecien: Aufgrund der länglichen, samtig feinen Isidien (auch an den Apothecienrändern) möchte ich hier Melanohalea elegantula vermuten.


    Bild 8 Eine weitere Punctelia jeckeri mit sehr schön ausgeprägten Bortensoralen an den welligen, aufsteigenden Lagerrändern.


    Bild 9 Eine weitere Braunflechte versteckt sich im Moos - nur welche? Die Aufnahme ist leider nicht detailliert genug.


    Bild 10 Vom letzen Herbststurm abgebrochenes Ästchen mit Hypogymnia physodes und rechts davon Punctelia cf. subrudecta, und ...


    Bild 11 ...neben dieser Punctelia eine weitere Braunflechte mit nach oben sich verdickenden, spatelförmigen Isidien - damit Melanohalea exasperatula.

    Ein kleinerer Thallus von Parmelia sulcata mit länglichen Pseudocaphellen beginnt die Braunflechte zu überwachsen.


    Bild 12 Eine Hypogymnia physodes mit deutlichen Lippensoralen: Die Lappenränder biegen sich nach oben und die hellbraune Unterseite ist sichtbar.

    Die Soredien werden im Inneren der aufgerissenen, hohlen Lappenenden gebildet.


    Bild 13 Am Stamm des Baumes einige ältere (abgestorbene), ausgebleichte, weiße, weil algenlose Flechtenthalli mit deutlichen Punktsoralen:

    Für P. sulcata fehlen die linienförmigen Pseudocyphellen, für P. jeckeri die ausgeprägten Bortensorale. Vielleicht vormals eine P. subrudecta (vgl. Bild 20).


    Ein Stück weiter gelangt man zu einer schlanken Fichte.

    Bild 14 Ehrenfriedhof Heilbronn


    Die Äste und Nadeln der Fichte sind für die Gegend hier ungewöhnlich stark bewachsen:

    Bild 15 Hypogymnia tubulosa mit Soralen an den röhrigen Lappenenden:

    Im Gegensatz zu der sehr ähnlichen H. physodes (Bild 10) reißen die Lappenenden nicht auf.

    Es werden keine Lippensorale (Bild 12) gebildet, sondern endständigen Kopfsorale.


    Bild 16 Parmotrema perlatum, als junges Exemplar mit langen, schwarzen Cilien, aber noch kaum Soralen an den Lappenrändern.

    Gut erkennbar die aufgebogenen Lappenränder mit der am Rand braunen, rhizinenfreien Unterseite.

    Vielleicht lohnt sich hier ein zweiter Blick zwischen und unter die großen Blattflechten, um kleinere Krustenflechten zu finden...


    Neben dem Friedhof auf einer alten Streuobstwiese am Stamm eines alten Apfelbaums (?) ein Überraschungsfund:

    Bild 17 Platismatia glauca habe ich hier im Flachland am Neckar erst dreimal gefunden.

    Das Exemplar hier sitzt zwischen etlichen Thalli von P. sulcata und präsentiert seine sorediös-krausen Ränder und seine braun-weiß gefleckte, stellenweise schwarze Unterseite.

    In den Bergen ist sie, wie die Hypogymnien, eine Massenflechte.


    Bild 18 Evernia prunastri


    An einer im Sturm umgestürzten Esche in Kronenhöhe sind die Hauptäste flächig mit Blattflechten überzogen

    Bild 18 Liegende Esche


    Bild 19 Üppig wuchernde Parmelia sulcata mit braunen Apothecien bedeckt den Stamm


    Bild 20 Rechts neben der bläulich grünen Parmelia sulcata eine im feuchten Zustand gelblich grüne Blattflechte mit vielen Punkt- aber auch Bortensoralen.

    Die Thallusränder der Punctelia subrudecta liegen dem Substrat an, sie steigen nicht wie bei P. jeckeri auf.

    Die Lobenränder sind mit einer feinen braunen Linie gesäumt.


    Auf dem Rückweg am schattigen Bachrand hat noch ein Feldahron meinen Blick angezogen.

    Seine Borke wird oft von Bacidia rubella besiedelt, einer kleinen Krustenflechte mit grünlichem, körnigem Thallus und kleinen, braunorangen Apothecien (um 1 mm).

    Die Flechte verrät sich, trotz ihrer Kleinheit, durch typische Färbung und Textur schon aus größerem Abstand an den Feldahornstämmen.

    Bild 21 Krustenflechte Bacidia rubella mit körnigem Thallus und braun-orangen, alt randlosen Apothecien.

    Die Sporen sind nadelförmig mit einem rundlichem und einem zugespitztem Ende.

    Sie sind mehrfach querseptiert und 8-16-zellig.


    Bild 22 Alte Rotbuchen


    Auch wenn es mit den Erdzungen diesmal wieder nichts geworden ist - ich komme wieder, vielleicht finde ich irgendwann mal welche.


    LG, Martin

    Hallo,


    heute kann ich einige Details nachliefern, wodurch sich der Verdacht M. tetramera weiter erhärtet.


    1) Apothecien-Querschnitt

    Bild N1: Apothecienquerschnitt unter Mikroskop: Apothecium nicht durchweg farblos, sondern

    Epihymenium tendentiell farblos,

    Hymenium schwach bräunlich,

    Hypothecium oben deutlich braun, unten hell gelblich,

    Excipulum weißlich.

    Die dunklen, braunen Stellen im Hymenium gehen auf überalterte, braune Sporen in Asci zurück.


    2) Lugol-Reaktion des Hymeniums definitiv und sofort J+ tiefblau. Keine Ahnung, was beim ersten Mal nicht geklappt hat.

    Bild N2 Hymenium J+ blau - damit ist der Bacidia-Schlüssel für die Artbestimmung korrekt, dort die Artengruppe Bilimbia/Mycobilimbia


    3) Excipulum mit radial ausgerichteten Hyphen:

    Bild N3 Blaue Lugol-Reaktionsfront ins Hymenium vordringend, zwischen Hymenium und Excipulum rasch tief eingedrungen, das weißliche Excipulum durch einen blauen Balken vom Hymenium trennend. Aufbau des Excipulums aus radial orientierten Hyphen deutlich erkennbar.


    4) Nachkontrolle Sporen: Sporen 4-zellig

    Bild N4 Sporen vierzellig (hier in Lugol), damit sollte M. tetramera vorliegen.

    Die häufigeren Arten (auch alpin vorkommend) wie M. sabuletorum hätten 4-8(10)-zellige Sporen und scheiden aus.


    Ok, Paraphysendurchmesser habe ich vergessen zu messen - damit kann ich leben...


    LG, Martin

    Hallo Peter,

    vielen Dank für das Gegenlesen!

    Deine Zweitmeinung ist mir wichtig.


    Ja, in Grossbritannien ist die Flechte wohl in Schottland nachgewiesen.

    Die Vorgabe, dass die Flechte auf Erde wächst, schreckt mich nicht, denn Erde und Pflanzenreste sind als Substrat ähnlich, gehen auseinander hervor. Zudem wächst die Flechtenart laut Beschreibung zuweilen auf Erde. Ferner ist noch wichtig, was als Alternative in Schlüssel angegeben wird.


    Ohne jetzt die Dokumentation vor Augen zu haben, erinnere ich mich an keinerlei rechteckige Hyphen im Excipulum. Der Rest sollte auch passen.


    Was mich irritiert, ist die nur gelbe Reaktion in Lugol. Das muss ich wiederholen, mit schrittweise mehr Lugol.


    LG, Martin

    Hallo zusammen,


    folgende Flechte erweist sich als nicht trivial zu bestimmen. Dennoch denke ich, eine passable bis gute Arbeitshypothese gefunden zu haben und würde mich über eine Beurteilung eurerseits freuen.


    Oberhalb des Hochtors an der Großglockner Hochalpenstraße, zwischen 2500 und 2600 m üNN, ist die Vegetation sehr karg.

    Einige wenige Pflanzen gedeihen zwischen dem Gesteinsschutt, dazwischen viele interessante Flechten.

    Bild 0 Weg nach oben auf einem bereits seit der Antike benutzen Säumerpfad durch Gesteinsschutt


    Bild 1 Lokale Vegetation - hier vermute ich eine Gegenblättigen Steinbrech (Saxifraga oppositifolia) mit verspäteten, letzten Blüten Ende August.


    Ich erwähne die Pflanze, weil von dien Polstern viele zu finden sind, etliche jedoch abgestorben.

    Die meisten der Pflanzen haben sich längst von den Blüten getrennt und überdauern bodennah.

    Wo Pflanzen wachsen, sterben Pflanzen ab und werden von anderem überwachsen, z.B. von Flechten:

    Bild 2a Abgestorbene Steinbrech mit weißlicher Kruste und zahlreichen schwärzlichen Apothecien


    Bild 2b Ausschnitt aus Bild 2a mit einigen markierten Apothecien


    Ein 2cm-Pröbchen wird mitgenommen.

    Bild 3a Lupenbild der braunschwarzen, randlosen, halbkugeligen Apothecien


    Bild 3b Apothecien in früherem Entwicklungszustand mit deutlich erhabenem, schwarzem Rand.

    Der Thallus überzieht dünn die Pflanzenreste. Er ist trocken weißlich-hellgrau, krustig bis warzig/körnig.

    Er reagiert R- (K-, P-, C-, KC-).


    Bild 3c Es finden sich in trockenem Zustand auch Apothecien mit hellem, bräunlichem Rand.


    Bild 3d Feucht werden die schwarzen Apothecien braun und transparent.


    Die Apothecien sind klein, der Durchmesser in der mitgenommenen Probe übersteigt 0,6mm nicht.

    Die Fruchtkörper sind zäh, die Paraphysen sind fest verklebt, lösen sich auch in verdünnter KOH schwer voneinander.


    Ein ordentlicher Dünnschnitt ist mir bisher bei diesen kleine Apothecien nicht gelungen, dennoch muss ich ein schlechtes Foto eines Schnittbildes zeigen, auf dem der Farbverlauf erkennbar ist/sein soll:

    Epihymenium schwärzlich braun tendentiell farblos (vgl. Beitrag #4 unten mit ordentlicherem Querschnitt, die dunkeln Stellen gehen auf überalterte Sporen zurück), Hymenium farblos bis schwach gelblich/bräunlich (Dicke um 75µm), Hypothecium dunkler als Hymenium, schwach bräunlich.

    Bild 4 Querschnitt durch Apothecium, in Wasser, Auflicht


    Die Sporen sind spindelförmig, farblos (überaltert braun), 23-28 x 4,3-5,5 µm groß; meist vierzellig, jedoch auch selten 5-zellig.

    Perispor nicht erkennbar (nicht vorhanden).

    Die Sporen liegen zu 8 in den Asci.

    Bild 5 Freie Sporen und Sporen in Asci; Aufnahmen in Wasser und verd. KOH; in Bildmitte mit BWB gefärbt


    Die Asci zeigen einen dicken, KJ+-blauen Tholus mit KJ- Wandung. Die Aufnahmen sind grenzwertig, aber die Probe war schlecht zu quetschen.

    Das Hymenium reagiert in Lugol J+/- gelblich.

    Bild 6 KJ-Reaktion der Ascusspitzen


    Bild 7 Hymenium in BWB gefärbt


    Ja, der Pilz ist lichenisiert! Nimmt man von der weißen Kruste etwas und quetscht, so sind die Grünalgen in körnigen Paketen deutlich erkennbar:

    Bild 8 Quetschpräparat des Thallus


    Ich bin jedesmal mit dem deutschen Schlüssel in einen Widerspruch mit den Beobachtungen gelangt.

    Bei Verwendung des neuen Key-Generators auf Italic schränkt sich die Auswahl auf 27 Arten ein, die mir teils schon rein optisch sehr gut gefallen - insbesondere die bilimbia-artigen Flechten, woran man sich ja bei der Proben, den Sporen etc. gleich erinnert fühlt (verlangt aber J+blau im Wirthschen Schlüssel).


    Der Italienische Schlüssel umschifft die Frage nach der J-Reaktion des Hymeniums und liefert Mycobilimbia tetramera als Ergebnis.


    Bemühe ich den deutschen Bacidia-Schlüssel, der Bilimbia enthält, gelange ich zur gleichen Art:

    Sporen spindelig, 4-zellig, farblos, 15-22(27) x (4)5-7 µm; Hym. farblos, 70-110 µm, jung oft mit blassem Rand, verengt aufsitzend, 0,5-1,2mm; Ap. zahlreich, braunschwarz, jung mit deutlichem Rand, bald gewölbt randlos; Thallus weißlich, warzig - das sind die Schlüsselbegriffe beim Schlüsseln und passen allesamt gut.

    Die weitere Beschreibung zum Vorkommen stimmt auch gut mit den Fundumständen überein: hochmontane Art; unterhalb der Baumgrenze an Stammbasis vom alten Bäumen auf Moos; oberhlb der Baumgrenze auf totem Planzenmaterial, z.B. abgestorbenen Polsterpflanzen (!), auf Moos über Erde und Gestein, auf vermodertem Holz.


    Wie ist eure Meinung hierzu? Über Rückmeldungen würde ich mich freuen. ==Gnolm23


    LG, Martin

    Also meine Erfahrung bezüglich z B. Sporengrößen ist, wenn die eigenen Werte über die obere oder untere Grenze hinausgehen, nimm einen anderen Schlüssel (britisch, französisch, was immer) - häufig liegst du dann plötzlich innerhalb der Schranken. 10-15% Abweichung sind da manchmal drin.

    Ich vermute, bei den Flechten ist das mit der Statistik über die Variationsbreite noch so eine Sache ...


    Es ist wie bei den anderen Pilzen auch, die Gesamtheit der Parameter ist entscheidend. Bei jeder Art ist Variation vorhanden und aus evolutiven Gründen nötig. Manchmal ist die Variationsbreite innerhalb einer Art erstaunlich - Beispiel Haushund. ==Gnolm4