Beiträge von KaMaMa

    Hallo Christian,


    ich schildere das mal, so wie ich es verstanden habe, bzw. was ich bislang dazu aufgeschnappt habe. Vielleicht meldet sich ja noch ein mykologisch versierter Forent zu Wort, dem gerade langweil ist, und hilft uns beiden zum Thema weiter? :gzwinkern:


    Ein Perispor meint eine zusätzliche, gallertige Außenhülle um die Spore.

    Sie ist bei den Sporen als schwache, zusätzliche, ggf. auch strukturierte Umrandung um die Sporenwand erkennbar.

    Ein Perispor ist wohl bei machen Ascosporen gerade bei jungen oder sogar unreifen Sporen beobachtbar. Es wird bei manchen Sporen im Laufe der Entwicklung offenbar wieder verloren, bzw. ist mit lichtmikroskopischen Mitteln nicht mehr erkennbar. Es kann sich z.B. in KOH auflösen, mit ein Grund, weshalb die erste Kontrolle immer in Wasser geschehen sollte.

    Ferner ist meines Wissens nach das Perispor in BWB anfärbbar, bzw.durch Zugabe von Tinte als heller Hof erkennbar. Die Anfärbbarkeit in BWB gemeinsam hat es mit div. Sporenornamenten, was wohl irgendwie zusammenhängen könnte / sollte... :gkopfkratz:


    Den Unterschied zwischen den Sporen beider Placopyrenium-Arten im direkten Vergleich kann ich leider nicht bieten.


    Von Verrucaria lasse ich normalerweise auch die Finger, das ist mir noch zu kniffelig und meist komme ich zu keinem Ergebnis, wenn ich es versuche.

    Beim P. fuscellum-Fund erschien mir die Flechte so eigentümlich, dass ich guter Hoffnung war, sie bestimmt zu bekommen. Außerdem ist es ja gar keine Verrucarie! g:D


    Die beiden gezeigten Sporenbilder sind nicht optimal und etwas unscharf, geben aber einen halbwegs guten Eindruck. Nach einem Perispor hatte ich ursprünglich nicht gesucht und wollte nicht nochmal eine weitere Probe herstellen, um das besser zu dokumentieren. Das ist bei den Pyrenos oft ein ziemliches Gefummel. Die Flechte ist sehr hart und man kann nur mit einer Nadel das Hymenium aus einem Perithecium herauspolken, wobei keine Thallusanteile mit unter das Deckglas gelangen sollten, sonst hat man Probleme beim Quetschen und bekommt die Strukturen nicht scharf hin. Optimal wäre ein sauberer Dünnschnitt, den ich bei diesem dicken Thallus nicht dünn genug hinbekommen habe, da ich immer Freihand arbeite.


    Das (vergängliche?) Perispor ist in diesem Fall neben dem Thallusrand, der Sporegröße und dem Wirt nur ein weiterer Hinweis bei der Bestimmung.


    LG, Martin

    Hallo,


    Ende Januar hatte ich diese hübsche, kleine Flechte entdeckt, deren Schönheit sich wie üblich erst unter der Lupe erschließt:

    Placopyrenium fuscellum, die "Braune Zebraflechte" - Zebraflechte ist kein schlechte deutscher Name, wie ich finde.

    Ich stelle den Fund vor:


    Die gezeigte Flechte wächst auf einer sonnigen und staubgedüngten Kalksandsteinmauer im Weinberg gleich um die Ecke (Neckarbecken), zusammen mit Verrucarien und Lecanoren (Myriolecis cf. dipersa).

    Bild 0 Die Weinbergsmauern sind immer wieder für Überraschungen gut!


    Bild 1 Unspektakuläre grau-weiße Flechtenansammlung oder einfach nur Dreck?


    Tritt man näher hinzu und verwendet die Lupe wird es interessant:

    Eine dick wachsende Flechte, tief rissig gefledert mit fein zisselierten schwarzen Linien im Thallus.

    Der Thallus ist bis zum Rand dick, seine Dicke fällt dort sehr schnell ab.

    Ein Vorthallus ist nicht erkennbar.

    Bild 2 Placopyrenium fuscellum: Die einzelne Areolen erreichen Millimetergröße.


    Die Areolen zeigen hellgraue Felder, die von feinen, schwärzlichen Bändern getrennt sind:

    Bild 3 P. fuscellum über dunkel brauner Verrucaria wachsend.


    Ein Probe wandert in die Tasche und wird genauer untersucht.


    Eine abgelöste Areole in Wasser schwimmend unter der Standlupe zeigt weitere Strukturen:

    Dunkle Pünktchen im Zentrum der hellen Felder, die sich als die Öffnungen von Perithecien herausstellen.

    Eine pyrenocarpe Flechte!

    Bild 4 Eine einzelne Areole in Wasser: Die Areole ist durch dunkle Bänder in einzelne Felder getrennt. Es befinden sich mehrere dunkle Flecken (Perithecien-Ostiolen) pro Areolen-Untereinheit.


    Ein Querschnitt durch die Areole zeigt den inneren Aufbau des etwa 0,3mm dicken Flechtenthallus.

    Die Areole besteht aus kleineren senkrechten Thalluseinheiten, die durch schwärzlichen Vorthallus am Rand voneinander und nach unten (Basalschicht) abgetrennt sind.

    Betrachtet man die Areole seitlich oder von unten, so ist die sichtbare Oberfläche schwarz.

    Die Algen färben den Thallus im Schnittbild zur Oberfläche hin leuchtend grün, weiter unten ist der Thallus gelblich gefärbt.

    Im Zentrum der grünen Thallusfächer sind weißliche, kugelige Strukturen erkennbar, die angeschnittenen Perithecien:

    Bild 5 Thallusquerschnitt in Wasser. Die quergescnittene Areole hat eine Breite von etwa 2mm


    Die Perithecien sind vollständig und sehr tief eingesenkt.

    Beim Schnitt wurde die Areolen-Untereinheit ganz links wurde durch die Perithecienöffnung geschnitten.

    Hierdurch wird die flaschenförmige Form der Perithecie und ihre Lage in der Tiefe des Thallus gut erkennbar.

    Auf der Oberfläche ist eine pulvrig-weiße Schicht abgestorbener Zellen, die Epinekralschicht, zu erkennen.

    Bild 6 Querschnitt durch Perithecien. Gut erkennbar die durch schwarze Linein getrennten Untereinheiten, die mittig sitzenden Perithecien, sowie die schwarze Basalschicht.


    Unter dem Mikroskop ist die unberindete Thallusoberfläche mit aufliegender Epinekralschicht viel besser erkennbar. Darunter dichtgepackt Grünalgenzellen.

    Bild 6 Epinekralschicht, darunter die Algenschicht


    Die Sporen sind breitelliptisch, farblos, einzellig, die Größe von 12-19 x 5,5-7,5 µm, was gut zu Placopyrenium fuscellum passt.

    Bild 7 Acus mit Sporenoktett


    Bild 9 Ausgepresste, freie Sporen - mit oder ohne Perispor?


    Hat man erst über das Substrat und die Sporen den passenden Schlüssel gefunden (=> Verrucaria => Unterschlüssel für parasitische Flechten), geht es in nur vier Schritten bis zur gesuchten Art.

    Kurze Zweifel bei Schritt 2: haben die Sporen einen Perispor oder nicht (vgl. Bild 9)?

    Die einzige Art mit Perispor (P. canellum) kommt auf Circinaria vor, hat im Normalfall größere Sporen und läuft am Thallusrend dünn und rissig aus.

    Das passt hier nicht, insbesondere der Thallusrand ist beim Fund abrupt.

    Circinaria ist nicht in der Nähe, sondern Verrucaria!

    Da die Perithecien zu mehreren in der Fläche der Areolenuntereiheiten sitzen und nicht an deren Rändern, steht damit Placopyrenium fuscellum fest.


    P. fuscellum kommt lt. Flechten Deutschlands auf Kalkstein oder kalkhaltigem Gestein vor, oft an Vertikalflächen von Felsen und Natursteinmauern, hier besonders in Weinbergen!

    Die Flechte bevorzugt - so wie der Wein - lichtreiche Standorte.

    Der Weinberg sorgt für die nötige (Staub-)Düngung, was die Flechte ebenfalls mag.

    Jung wächst die Flechte parasitisch auf anderen Flechten, insbesondere auf Verrucaria nigrescens, wo sie sich u.a. mit den benötigten Algen versorgt.


    Es lohnt sich halt genauer hinzusehen - dann kann sich vermeintlich grauer Dreck als etwas wunderschönes entpuppen. :gnicken:


    LG, Martin

    Hallo,


    Pottenstein liegt in der fränkischen Schweiz, einem Teil der Fränkischen Alb. Da sollte alles weißer Jura sein, also Kalk. Dolomit soll auch vorkommen.


    LG, Martin

    Hallihallo,


    an die im Link erwähnte P. polydactylon würde ich hier nicht denken, eher an P. praetextata.

    Wobei ich noch nicht mal glaube, dass die abgebildete Flechte dort überhaupt eine P. polydactylon ist.

    Deine Flechte scheint blattartige Isidien an den Lappenrändern zu haben (letzte Bild oberhalb Daumennagel, leider nicht ganz scharf erkennbar)!

    Radiale, schmale Lappen mit aufsteifgenden Rändern, lange vereinzelte Rhizinien auf der Unterseite würden meiner Meinung nach auch passen.

    P. praetextata kommt bevorzugt an der bemoosten Stammbasis vor und ist relativ häufig zu finden.


    LG, Martin

    Hallo Christian,


    vielen Dank für die netten Worte!

    Das spornt weiter an. :gnicken:


    Ja, auch ich hier ringe alleine um Wissenserwerb und kenne niemanden in der Nähe, der mein Interesse teilt. Was eigentlich schade ist.


    Ich bin sicher, das Wissen kehr schnell zurück, wenn du dich wieder auf das Thema einlässt.


    Aber unsere kleinen, bunten Freunde schützen uns vor jeglicher Trübsal, und das ist schön.


    LG vom Neckar, Martin :gwinken:

    Hallo Ingo,


    Glückwunsch!

    Je matschiger der Pilz ist, desto mehr Sporen hat er gebildet. In dieses Stadium rücken Flechtenapothecien nie vor. ==Pilz25

    Aber wie bekommt man den sein BWB kaputt und wie äußert sich das denn?


    LG, Martin

    Hallo Christian,


    da ich beide Bücher besitze, kann ich dir kurz einen Vergleich geben, ich hoffe der Verlag hat nichts dagegen, wenn vier Seiten online gestellt werden.


    Das neue Buch ist etwas größer, hat ein paar Seiten mehr (428 statt 416), und beschreibt ca. 30 Flechten mehr ("ca. 430" statt "ca. 400").


    Der allgemeine und der spezielle Teil sind bis auf das Layout gleich gelieben, es sind auch die gleichen Fotos verwendet.

    Das ist auch gar nicht verkehrt, denn der Inhalt und die Qualität von Text und Fotos war und ist sehr gut.

    1. Auflage - allgemeiner Teil


    2. Auflage - Allgemeiner Teil


    Die Flechtennamen wurden auf den aktuellen Stand gebracht (z.B. Gattung Caloplaca aufgesplittet, etc.), die älteren Namen als Synonyme mit angegeben.

    Ansonsten ist es nahezu indentisch vom Inhalt, abgesehen von einigen Streichungen hier ein paar allgemeine Zeilen zu z.B. flechtenbewohnenden Pilzen, aber nichts, weswegen man das Buch haben müsste, wenn man die schon sehr gute erste Auflage besitzt. Es sei denn, sie fällt schon auseinander.


    Weshalb man dem Text jetzt in zweispaltigem Blocksatz formatiert, erschließt sich mir zwar nicht - ist aber Geschmackssache.

    Die Aufteilung in Lebensraum-Kapitel wurde beibehalten.

    Allerdings wurde darauf verzichtet, den Schnitt wie in der ersten Auflage entsprechend farblich zu markieren.

    Aufgeschlagene 1. Auflage


    Die farbigen Markierungen am Schnitt vermisse ich bei der neuen Auflage.

    Aufgeschlagene 2. Auflage


    Wenn man sich für Flechten interessiert, und noch kein Bestimmungsbuch hat, liegt man bei jeder der beiden Auflagen goldrichtig!

    Wenn man schon die erste Auflage besitzt, bietet die Neuauflage wenig neues.

    Es ist nunmal das gleiche Buch in 2.Auflage, mit einigen Verbesserungen, Korrekturen, Änderungen - aber im Wesentlichen das gleiche Buch.

    Ich verwende weiterhin mein älteres Büchlein, das Neue dient mir als Reserve. Meistens arbeite ich ja sowieso mit dem dickeren Zweibänder.


    LG, Martin

    Hallo Ingo, ogni volta ,


    das war ja ein lohnender Ausflug mit richtig tollen Funden. Glückwunsch besonders zum Prachtbecherling - der fehlt mir definitiv noch als Fund.

    Aber die kleinen, gelben Becherchen (Gyalecta) sind ja auch nicht unprächtig. Die finde ich mittlerweile hier öfters. In deinem Bericht hat mich am meisten verwundert, dass es Gegenden gibt ohne Schiftflechten - Ui!

    Also, wenn du mal in der Gegend bist, melde dich ruhig, bestimmt geht da was!


    LG, Martin


    PS: Ich habe mir seit deinem Bericht über den Nürnberger Cladonien-Kiefernwald vorgenommen, dort mal vorbeizufahren und mir die Sache anzuschauen. Ich hab damals gleich mit Google-Earth ausgeknobelt, wo das sein muss. So etwas habe ich damals nicht gesehen, als ich noch in der Erlangen wohnte. Vielleicht fahre ich heuer im Frühjahr/Sommer mal rüber. Wir könnten uns sehr gerne mal treffen. :gnicken:

    Hallo ihr zwei Lakritzfans, Oskar und Reinhard


    Kennen nicht viele: Vorsicht vor Laritz-Abusus - nicht übertreiben, kann schlimm ausgehen!

    Flechten betrachten hingegen ist gesund, weil man hinwandern muss, und harmlos, weil wenn man nix von isst.

    Nicht sooo gesund, wenn man sie nur hier im Forum vom Sessel aus anguckt. ==11


    LG, Martin

    Hallo in die Runde!


    Eine der eindrucksvollsten und zugleich leicht kenntlichen Flechten auf den Höhen des Schwarzwaldes ist wohl U. cylindrica, die Fransen-Nabelflechte.

    Sie gedeiht dort in windigen, wenig gedüngten Bereichen auf niedrigen, wechselfeuchten Silikatgesteinsblöcken.

    Mikroskopisch macht sie zwar nicht viel her, aber um so hübscher ist der graue, weiß bereifte Flechtenthallus mit den randlichen, dunklen Fransen und den häufig dicht stehenden, schwarzen und eigenartig gerillten Apothecien.

    Auch der Kontrast zu den bunten, dicht wachsenden Krustenflechten und dem roten Trentepohlia-Algentreppich ist sehr reizvoll.


    LG, Martin


    Einige Eindrücke:

    Bild 1 Apothecientragendes Exemplar von U. cylindrica mit dichten, dunklen Fransen am Thallusrand


    Bild 2 U.cylindrica mit typischen, gerillten Apothecien


    Bild 3


    pilzforum.eu/attachment/510503/

    Bild 4


    Bild 5 Gruppe Apothecien auf grauem, bereiftem Cortex. Diese schwarz berandeten, rilligen und etwas gestielten Apothecien kommen auch bei anderen Umbilicarien vor.


    Bild 6 Weißliche bis blass rosa Unterseite mit randlichen dunklen Fransen, flächig ohne Rhizinien


    Bild 7 Sterile Form


    Bild 8 Steriles Exemplar von Umbilicaria cylindrica mit ausgeprägten Fransen am Rand


    Bild 9 Kleine Umbilicaria cylindrica im Zentrum einer Brodoa intestiniformis ("Eingeweideflechte")


    Bild 9 Typisches Habitat: Wechselfeuchte, windoffene Stellen; dort auf kalkfreien, niedrigen Silikatblöcken


    Bild 10 Mit Schmelzwasser durchnässte Exemplare

    Hallihallo,


    mit Moosen habe ich bislang nichts am Hut.

    Aber Bild 11 halte ich trotzdem für ein Brunnenlebermoos mit Brutbechern, das wuchs mal vor zwei Jahren in den Fugen direkt vor der Haustüre.


    LG, Martin


    Hier noch ein Foto vom Tatverdächtigen:

    Hallo,


    am Hornisgrinde im Nordschwarzwald auf einer kleinen Sandsteinblockhalde im Wald finden sich jede Menge Flechten, die ich im Flachland am Neckar noch nie gesehen habe.

    Bild 0 Auf dem Hornisgrinde


    Bild 1 Sandstein-Blöcke am Wegrand


    Bei einer Krustenflechte wirken die schwarzen Apothecien eingesenkt und kontrastieren starkt mit einem kreidigen, weißgrauen Thallus.

    Ein schwärzlicher Vorthallus schließt die Flechte nach außen ab.

    Die Apothecien sind groß und zum Teil überaus unförmig!

    Bild 2 Krustenflechte Fuscidea kochiana (untersuchtes Exemplar)


    Bild 3 Ein weiterer Thallus F. kochiana neben gelben und braunen Landkartenflechten


    Bild 4 Isolierte (Doppel-)Areole auf Thallusmitte (Bild 2), in Wasser quellend - Rote Linie: Schnittebene des Querschnittes


    Der Thallus ist etwa 1mm dick, die flachen Apothecien sind trichterartig in den Thallus eingesenkt, das Excipulum ist kaum vorhanden:

    Bild 5 Querschnitt in Wassertropfen, die Oberfläche ist von einer Epinekralschicht bedeckt (abgestorbene Zellen, Algenzellen); Mark strahlend weiß


    Das Hymeium ist stark verklebt, löst sich aber leicht in stark verdünnter KOH. Die Paraphysen sind um 2µm stark, schwach verzweigt, aum Ende leicht kopfig (4µm) und mit braunem Exsudat belegt.

    Bild 6 Gequetschtes Hymenium in verd. KOH


    Die Sporen sind breitelliptisch, farblos hyalin mit 1-2 großen Tropfen und 7,5-9,0 x 5,5-6,8 µm groß:

    Bild 7 freie Sporen, eine davon braun überaltert


    Bild 8 Hymenium K/J positiv; Asci 8-sporig


    Bild 9 Algenschicht mit Zellclustern von Grünalgen


    Chemie: Mark J-; K+/- sehr schwach gelblich; C+/- sehr schwach gelblich; P-


    Das Problem hier war, überhaupt die Gattung bestimmt zu bekommen. ==Gnolm2

    Gilt der Wuchs der Apothecien als eingesenkt, umwallt oder als Thalluskragen wie bei Aspicilia? Gilt diese Umwallung im Schlüssel als Thallusrand? Sind die sehr schwach gelb ausfallenden Reaktionen bei K und C zu berücksichtigen?

    Erst dann nach langem Suchen und Fummeln gelangt man über den Lecidea-Schlüssel zur Gattung Fuscidea, und dort zu F. kochiana, die diese auffälligen Apothecien besitzt und der Rest auch passt.


    Die auffällige Flechte Fuscidea kochiana kommt auf hartem Silikat auf Felsgruppen in Gipfellagen und Blockmeeren, in montanen bis alpinen Lagen vor - so eben unter anderem im Schwarzwald!


    LG, Martin

    Hallo Peter,


    dei C-Reaktionen sind immer problematisch, ich fürchte sie.

    Vor allem, weil die C-Farbreaktionen flüchtig sind - ich kenne bisher keine C-Reaktion, die bleibend gewesen wäre.

    Wie schnell die Reaktion ist, kann man nicht prinzipiell beantworten: Die Geschwindigkeit hängt von mehreren Faktoren ab (Konzentration,Temperatur; Verdünnung und Alter (Zersetzung) der Lösung; Alter und Standort der Flechte, chemische Rassen (Konzentration der Flechtenstoffe); weitere anschließende Reaktionen...) - natürlich gilt das auch bei K und P, nur dass hier die Farbreaktion normalerweise relativ lange bestehen bleibt. Ich weiß nicht, ab du schon beobachtet hast, wie langsam z.B. eine Farbänderung von K+ gelb nach rot vonstatten gehen kann...


    Am wichtigsten ist natürlich, eine funktionierende C-Reagenz zu haben, denn sie altert und wird immer schwächer. Ich habe auch den Verdacht, dass Abrieb am Spatel zur Verunreinigung der Lösung führt, wodurch sich die Lösung dann rapide zersetzt. Jedenfalls funktioniert sie irgendwann nicht mehr und muss ersetzt werden. Am Besten an bekanntem Material die REaktion überprüfen.


    Man muss bei C vorbereitet und schnell sein, wenn man zu Dokumentsationszwecken ein Foto machen will und aufpassen wie ein Luchs!

    Schaut man beim Aufbringen von C nochmal kurz, ob die Bildschärfe am Händi passt, ist u.U. schon alles gelaufen.

    Dann kommt es auf die Menge der Flüssigkeit an, auf die Menge an für die Reaktion bereitstehenden Flechtenstoffen: Nimmst du viel Flüssigkeit, verdünnt sich die Farbreaktion u.U. bis zur Unkenntlichkeit, nimmst du zu wenig, passiert vielleicht gar nichts. Ist die Flechte dunkel, erkennst sowie so nix, da hilft auch der Zellstofftrick nichts, da die Reaktion sich vielleicht schon verflüchtigt hat. Dann hilft es manchmal, eine kleine, gequetschte Flechtenprobe im Mikroskop unter dem Deckglas zur Reaktion zu bringen.


    Du kannst dir mal eine Punctelia holen zum Üben. Die Reaktion in der Medulla verläuft relativ zuverlässig und führt zu einem kräftigem Rot im weißen Mark (bei P.borreri nur rosa), das allmählich wieder verschwindet. Zum Testen vorher einen Schägeschnitt durch den Thallus erzeugen oder mit einer Nadel den Cortex abkratzen, damit viel weißes Mark freiliegt. Funkioniert aber auch auf den Soralen.


    Bild A1: Punctelia-Cortex mit Nadel entfernt; dann mit Nadel C appliziert => sofort C+rot


    Bild A2: ca. 10s später nur gelbliche Reaktionsreste, die auch bald verblassen


    LG, Martin

    Hallo Peter,


    Alleine vom ersten Foto, den Thallus im Ganzen zeigend, erkennt man eine lecanorine Krustenflechte vor sich zu haben.

    Vielleicht hast du auch ein Foto von den Apothecien mit besserer Ausleuchtung?

    Leconora-Arten im weiteren Sinne gibt es sehr viele - wie kommst du denn auf die Gattung Ochrolechia?

    Ochrolechien sind bei mir am Neckar zumindest sehr selten. Ich würde erst einmal eine Leconora erwarten.

    Ochrolechia hätte große, dickwandige Sporen - über die Sporengröße verrätst du nichts.


    Ich fange fast immer ganz stur mit dem Gattungsschlüssel an und bemühe mich, jede (!) Frage eindeutig und sicher zu beantworten.

    Wenn das nicht geht, muss man beide Pfade verfolgen und Ergebnisse ausschließen, die widersprüchlich zur Probe sind.

    In den Schlüsseln sind neben der Chemie vor allem immer die Sporen (!) ausschlaggebend.


    Eine sehr seltene, (hoch)montane Flechte in Hanover zu finden, würde auch mich stutzig machen.

    Mein Tipp: Schau dir die Sporen genauer an und prüfe, ob nicht doch Lecanora in Frage kommt.

    Es gibt auch Lecanoren ohne Farbreaktion.

    Außerdem würde ich im Zweifel die Farbreaktion nochmals wiederholen, das klappt nicht immer gut.


    In den gefärbten Schnittbildern sind leider viele relevante Dinge nicht erkennbar - z.B. Farbe von Epihymenium, Hymenium, Hypothecium, Sporen.

    Dafür sind die einfachen Paraphysen sehr gut erkennbar - was eher gegen Ochrolechia spricht, denn hier sind sie reich verzweigt.

    Schnittbilder in Wasser sind für Bestimmungen besser geeignet.


    Ich habe lernen müssen, auf jedes Wort in den wirklich sehr guten Flechtenbüchern zu achten. Die Formulierungen sind mit Bedacht genau so gewählt, wie geschrieben und sind wörtlich zu nehmen. Und: die Variationsbreite von vielen Flechten ist groß.

    LG, Martin

    Hallo Peter,

    PBR


    Also ich sehe schon eine Menge Soredien auf deinen Fotos!


    Zu deiner Frage zur Podetienoberfläche:

    Berindet heißt, dass die Flechte oberflächlich einen gegen die Umwelt mehr oder minder dichten Cortex aufgebaut hat, um die Algenschicht darunter zu schützen.

    Fehlt die Rinde, fehlt auch die Algenschicht und die fasrige, meist weiße, machmal auch bräunliche oder braune, Medulla liegt frei.

    Es sei denn (!), Soredien werden an der unberindeten Stelle gebildet.

    Wenn man die Soredien wegkratzt, kommt darunter die meist weiße Medulla zum Vorschein.

    In diesem Fall wird die Oberfäche aber sorediös genannt, auf Rinde wird dann kein Bezuig genommen, denn berindet und sorediös schließen sich an der gleichen Stelle gegenseitig aus (um Soredien zu bilden zu können, muss die Rinde aufbrechen)


    Kurz und gut, etwas verknappt und damit sicher nicht immer richtig:

    berindet: grün und glatt (glatt heißt nicht unbedingt eben, sie darf schon warzig oder dergl. sein)

    unberindet: weiß (oder braun) und fasrig

    sorediös: grün und pulvrig, körnig

    beschuppt: mit abstehenden Blättchen

    und

    schollig: große grüne, leicht ablösbare, berindetete Einheiten, isidienartig


    Ich habe einst versucht, die unterschiedlichen Bereiche in Fotos zu markieren.

    Guck es dir mal an, ob dir das schlüssig erscheint und gib mir sehr gerne deine Meinung dazu!


    LG, Martin


    Hallo Peter,


    die Flechten BWs besitze ich gar nicht, nur den gleichnamigen Atlas, den gab es gebraucht für lau.

    (Übrigens weiß ich mittlerweile, die Bände gibt es, zwar ohne Bilder, auf englisch übersetzt bei den Briten zum Download.

    Da ich in BW wohne, lohnt sich der Atlas natürlich für mich.


    Die Flechten Deutschlands kann ich eigentlich uneingeschränkt empfehlen, die Bände sind klasse.

    Ich arbeite dauernd damit und wüsste gar nicht, was ich ohne sie täte.

    Wenn man allerdings schon die Flechten BWs besitzt... Schwierig zu beurteilen.


    Ich hatte heute eine C. coniocraea unter der Lupe, die ich fast schon als C. ramulosa eingestuft hätte, da sie etliche berindete Stellen unten an den Potedien hat. Und einiges an Schüppchen ist dort auch zu finden. Aber das ist eigentlich auch für Coiniocraea normal, die Schuppen sind nur wenige und der Gesamteindruck ist fein-sorediös.

    Deshalb bin ich dann zu C. coniocraea gelangt - eigentlich logisch:


    Dein Fund hat aber eine andere Qualität, was die Beschuppung anbelangt, und für Coiniocraea sind mir die Becher viel zu breit.

    Aber vielleicht sind es bei dir tatsächlich doch zwei Arten.

    Cladonien sind ja (leider) überaus gesellig!


    LG, Martin

    Hallo Peter,


    C.ramulosa kann so ziemlich jede Form annehmen - insofern ist sie wirklich wild! Die Bezeichnung passt. ;)


    Ob Videos hier einstellbar sind, weiß ich leider nicht.

    Und: Tatsächlich ist das von mir zitierte Buch der Nachfolger der "Flechten BWs", ganz richtig.


    LG, Martin

    Hallo Peter,


    Schön, dass mal wieder jemand etwas über Flechten schreibt!


    Cladonien finde ich sehr verwirrend und mitunter sind sie die Hölle.


    C. coniocraea hat meines Wissens nach ausschließlich sorediöse Podetien, während dein Fund deutlich jede Menge Schüppchen besitzt. Das gilt sowohl für die Säulenvariante aus auch für die bechertragenden Podetien auf deinen Fotos. Sehe ich das richtig?

    Voraussetzend, es handelt sich um die gleiche Art: Hast du schon über C. ramulosa nachgedacht? Zu dieser sehr variablen Art gelangt man im Cladonienschlüssel "Die Flechten Deutschlands", wenn man die nicht zu knapp vorkommenden Schuppen nicht unterschlägt. C. ramulosa reagiert P+ langsam von gelb zu rot, heißt es - auf deinen Fotos könnte ich gut eine rote Farbreaktion sehen (viertletztes Bild).

    Dann bin ich mal mit dir gespannt, was du selbst hierzu meinst und auf was die Cladonienkenner hier gelangen werden!


    LG, Martin


    P.S. Es ist leichter, bei Antworten auf Fotos Bezug zu nehmen, wenn diese durchnummeriert sind.

    Hallo Hilmi,


    das rote Tischtuch ist vermutlich nur eine "Halbflechte" (= Algen).

    Ein paar Flocken habe ich mitgenommen, sie kommen noch irgendwann unters Mikroskop.


    LG, Martin

    Hallo!


    Gestern bin ich auf den Hornisgrinde hochgeschnauft - es hat sich geloht:

    Bestes Wetter und schöne Flechten auf sauerem Sandstein und mageren Sandböden in einer Höhe von bis über 1100m.

    Jede Menge persönliche Erstfunde in einer schönen, fremden Flechtenwelt.


    Bild 1 Der Weg nach oben ist mühsam


    Bild 2 Trapeliopsis wallrothii granulosa und rotfrüchtige Cadonien auf sandverkrustetem Totholz


    Bild 3 Wanderer hinterlassen kleine Steinpyramiden


    Bild 4 Flechtengedränge an einem Ästchen


    Bild 5 Der Waldweg endet am Gipfel mit großen Rosetten


    Bild 6 Oben angekommen weitet sich der Blick...


    Bild 7 Ein flechtenverzierter Tisch läd zum Verweilen ein - unglaublich!


    Bild 8 Tischornament, unbezahlbar!


    Bild 9 Die Steine sind hier mit farbigen Mosaiken überwachsen


    Bild 10 Eine große "Eingeweideflechte" (Brodoa intestiniformis) - wer denkt sich solche Namen aus?


    Bild 11 Umbilicaria deusta sonnt sich an prominenter Stelle


    Bild 12 Überraschung beim Abstieg durch den schattigen Wald - Cetraria islandica!


    Bild 13 Huch - vorhin waren es nur 2 Pyramiden...


    Aber jeder Tag geht irgendwann zu Ende, leider auch dieser.


    LG, Martin

    Hallo Karl,

    ich kenne mich zwar nicht aus im den Thema, aber die Tage wurden zwei sehr ähnliche Fruchtkörper von Lebermoosen mit Namensnennung bei Facebook gezeigt:

    Mniaetia jungermanniae

    und

    Pellia epiphylla

    Für mich als Lebermooslaie sehen die Fruchtkörper in beiden Lebermoosgattungen sehr ähnlich aus. Vielleicht hilft dir das trotzdem als Anregung zur weiteren Recherche.

    LG, Martin

    Hallo Christine,

    sind die roten Bobbelchen vielleicht ansatzweise kugelförmig?

    Es gibt rote Pyrenomyceten (Nectria-Umfeld), die als Parasiten auftreten.

    Nur so mal als Idee...

    LG, Martin

    Hallöle,


    Cladonie ist das nicht - ich würde das mit Hypocenomyce scalaris abgleichen.

    Der Fund wurde bestimmt an einem Baumstamm gemacht.

    Die Flechte reagiert mit C schön rot.


    Habe ich bisher meist an Birnbäumen gefunden. Soll aber auch an Nadelbäumen und Eichen zu finden sein.


    LG, Martin