Hallo,
Anfang Mai war ich zu Besuch am Battert, einem Berg (568 m üNN) über Baden-Baden, der ein sehr markantes Kliff aus sauerem Porphyrkonglomerat nach Südwesten besitzt.
Dort liegt ein Naturschutzgebiet, in welchem aber stellenweise (nicht überall !) aktiv geklettert wird.
Die freiliegenden Steinoberflächen an den Blöcken und Felswänden sind eindrucksvoll bewachsen.
Bild 1 Erste Felsen beim Weg nach oben auf den Battert
In die Felsen sind Pfade gehauen, die von den Kletterern aufgesucht werden, um den kürzesten Weg nach oben zu nehmen.
Durch die Blockade dieser Wege durch sichernde Kletterkollegen ist der Normalsterbliche gezwungen, Umwege in Kauf zu nehmen.
Dadurch sieht man allerdings auch mehr.
Bild 2 Von Kletterern blockierter Weg
Klein beginnend, ein Fund von Rinodina oxydata mit winzigen Apothecien.
Bild 3 Steinchen zwischen den Fingern gehalten mit Rinodina oxydata.
Die Gattung Rinodina ist schwierig zu bestimmen, da bei dieser Gattung die Sporen deutlich altern und in allen möglichen Stadien im Dünnschnitt zu finden sind.
Entscheidend für die Bestimmung ist die Größe und Form der Sporen im jungen, noch hyalinen Stadium.
Die Form der Zelllumina und die Dickenverteilung der Zellwand werden für das Schlüsseln benötigt.
Nicht ganz einfach...
Bild 4 Sporen von R. oxydata in mehreren Entwicklungsstadien (hyalin) und Verfallsstadien (braun).
Zur Bestimmung werden die jungen, farblosen Sporen benötigt.
Die Wand der jungen Sporen ist sehr dick, die Zelllumina herzförmig.
Die Apothecien durchlaufen ihrerseits einen Entwicklungsgang, von eingesenkt, schmal geöffnet und mit thallusfarbenem, sternförmig-rissigem Rand bis zu aufsitzend und wulstig biatorin berandet.
Der Vorthallus ist schwarz.
Der Thallus reagiert R- negativ.
Bild 5 Physcien mit Lippensoralen am Ende der Läppchen.
Auf horizontaler Steinfläche unter Edelkastanien - P. dubia, kaum zweifelhaft...
Bild 6 Die Blockhalden unterhalb der Felswände sind vor Betreten geschützt.
Von der Gattung Parmelina kenne ich vom Neckarbecken her nur P. tiliacea.
Parmelina pastillifera ist eine seltenere Art, die hier in der Höhe auf Ulmenästen wächst.
Der gebrochene Ast auf dem Weg beweist dies:
Bild 7 Parmelina pastillifera mit den typisch schwarzen, knopfförmigen Isidien auf der Thallusoberfläche
Cladonien sind immer hübsch anzusehen. Hier C. fimbriata mit feinmehlig sorediösen Bechern, die sich abrupt aus den Stielen weiten.
Bild 8 Cladonia fimbriata
Einige Leprarien sind im Gelände gut ansprechbar, wie L.membranacea mit ihrem häutig zusammenhängenden Thallus, dem gelblichen Farbton, den wulstig nach oben gerollten Rändern.
Außerdem reagiert die Flechte netterweise auf P+ orange, K+ kräftig gelb und C+ gelb.
Bild 9 Lepraria membranacea an schattiger senkrechter Felswand
Hier unten im Wald sind viele Flechten unscheinbar weißlich grau.
Ein näherer Blick lohnt sich trotzdem immer!
Bild 10 Lecidea spec. (R-) mit leichtem Scheckenschaden; Hypothecium hell - ev. L. lithophila ohne rostfarbene Flecken
Die folgende Flechte kann ich leider nicht einordnen.
Schneckenfraß würde ich ausschließen, Thallus und Vorthallus wirken mir zu gleichmäßig.
Hat jemand eine Idee hierzu?
Bild 11 Krustenflechte (X-Akte)
Bild 12 Fuscidea canthoides an sauren, senkrechten Gesteinsflächen bildet schöne Mosaike, die einzelnen Lager durch dunklen Vorthallus getrennt.
Reaktion ganz typisch K+ tiefrot.
Bild 13 Pertusaria hymenea an Ahornstamm mit einer kräftig gelben C+ Reaktion, Sporengrößen passen.
In großer Zahl sind orange Apothecien mit sehr dünnem grünstichigem Lager und schwarzem Vorlager auf den Steinen am Wegesrand finden.
Es sollte sich um Rufoplaca subpallida handeln.
Bild 14 Rufoplaca subpallida
Bild 15 Oben angekommen genießt man den Ausblick
Die Felsen hier oben sind besonders an den Kanten den Elementen stark ausgesetzt.
Ganz andere Flechten dominieren hier, unter anderem Nabelflechten.
Bild 16 Umbilicarien: U. polyphylla und U. cf. hirsuta
Bild 17 Lasallia pustulata hatte ich schon lange gesucht!
Bild 18 Lasallia pustulata
Ich bin nicht ganz sicher, wer schneller oben war - aber nehme an, die Kletterpartien.
Bild 19 Blick über Baden-Baden
Ich hoffe, die Kletterer geben Acht, wo sie hintreten! Wäre doch sehr schade.
Allerdings gehören Thallusbruchstücke auch zur Ausbreitungsstrategie...
Bild 20 Flechten oben auf den Battertfelsen (Parmelia, Aspicilia, Lasallia, Xanthoparmelia, ...)
Bild 21 Acarospora, ev. Buellia, ...
Bild 22 Rhizocarpon, Umbilicaria, Lasallia, ...
Bild 23 Direkt an den Felskanten, wo niemand hintritt, wo niemand draufsitzt, wo klettern nicht möglich, oder sinnvoll ist ...
... da wachsen die größten Exemplare.
Etwas schwierig einzufangen, weil ich nicht runterfallen will.
Solche "Rückzugsorte" wird es hoffentlich immer geben!
Bild 24 Dicht stehende Lasallien an einer unzugänglicheren Felskante, hier auch mal deutlich über 5 cm groß.
Tatsächlich sollen diese Flechten Größen bis zu 15 cm erreichen können.
Bild 25
Ein toller Ausflug, der bei Gelegenheit wiederholt werden wird.
Es gibt viel zu entdecken am Battert.
LG, Martin