Hallo Toni,
grundsätzlich haben meine beiden Vorredner natürlich absolut Recht.
Ich denke, dass du aber schon auch gern ein paar Tipps hättest, wie man dazu besser kommen kann.
ich bin wie du noch in der Lernphase, vielleicht bringen dir meine bisherigen Erfahrungen etwas.
Grundsätzlich kommt man irgendwann in eine Sackgasse, wenn man seine Pilzkenntnisse unsystematisch erweitert.
Sprich, man sollte versuchen, möglichst Ordnung ins Chaos zu bekommen.
Pilze lassen sich nämlich anhand ihrer Merkmale sortieren, und zwar in zunächst in mehrere große Gruppen.
Jede dieser Gruppen zerfällt dann wieder in Gruppen, und so weiter, bis man bei einer einzelnen Art angekommen ist.
Wichtig finde ich, dass man als Anfänger nicht versucht, die wissenschaftliche Systematik zu lernen, sondern dich auf Formgruppen konzentrierst (das, was dabei an System in deinem Kopf entsteht, ist dann soweit von der wissenschaftlichen Systematik nicht weg).
Ein bisschen machst du das sicher schon: Du betrachtest einen Pilz, und schaust dir, wenn er Röhren hat, nicht sämtliche Blätterpilze durch.
Wenn du einen Blätterpilz hast, kann man die wiederum unterteilen, und zwar anhand ihrer Sporenfarbe.
Sinnvoll fand ich für mich dabei, jetzt genau diese Gruppen von "oben nach unten" zu lernen.
Also erstmal erkennen, ob ein Pilz ein Blätterpilz, ein Röhrling, ein Porling etc ist.
Dann jede Gruppe betrachten, und dort die nächste Ebene Gruppen lernen: Wenn du weisst, dass du einen Röhrling hast, dann kann das ein "Dickröhrling" im weiteren Sinne, ein "Schmierröhrling" oder etwas Ausgefallenes sein.
Wichtig ist, dass man nicht versucht, jeden Pilz gleich zu Anfang ganz genau zu bestimmen, da kommt man in den Wald und nicht mehr raus.
Wenn du einen Blätterpilz sicher erkennen kannst (davon gehe ich aus ), nimm dir als nächstes vor, die Blätterpilze, die du findest, in die einzelnen Sporenfarbengruppen einzuordnen. Und so weiter. So kannst du einen Pilz immer weiter auf kleinere Gruppen eingrenzen.
Mit der Ordnung hier meine ich übrigens nicht die biologische Systematik mit Ordnungen, Familien, Gattungen usw., sondern Formgruppen.
Wie kommst du dabei am besten weiter?
Mir haben mehrere Dinge geholfen:
- Dieses Poster von Rita Lüder: https://syntropia.de/poster-pi…tik-digital-p-116658.html
Hier sieht man die einzelnen Gruppen grafisch schön angeordnet. Kritiker werden einwenden, dass die Systematik veraltet ist - stimmt. Die Formgruppen, um die es mir hier geht, bleiben aber bestehen (solange die Pilze sich nicht ändern )
Das Poster gabs auch mal kostenfrei als PDF irgendwo im Web.
- Bücher, die genau solche Formgruppensystem lehren.
Da habe ich meinen Allzeitfavoriten von Rita Lüder: "Grundkurs Pilzbestimmung" . Das obige Poster bezieht sich auf dieses Buch.
Weiter hast du Glück, dass eben ein meiner Meinung nach sehr gutes (wenn auch nicht billiges) Werk von Winkler erschienen ist: "Pilze Mitteleuropas".
Für Porlinge komme ich mit Dörfelt: "Die pileaten Porlinge Mitteleuropas" sehr gut zurecht.
- Pilzkurse: Ich hatte vor einigen Jahren einen 5-tägigen Kurs an der VHS Schrobenhausen mitgemacht, den ich sehr empfehlen kann, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Ich denke, dass es aber mehr oder weniger Deutschlandweit da gute Kurse gibt. Vielleicht kann dir da ein anderer Forist mehr dazu sagen.
- Langsam vorwärts gehen: Ich versuche bei jedem Gang in der Natur, ein bis zwei Pilze mit heimzubringen, und soweit zu bestimmen, wie möglich. Manchmal komme ich nur zu "Weisssporer", letztens hatte ich ein paar Wiesenpilze, die gar nicht gesport haben - da bin ich nicht mal bis dahin gekommen. Manchmal komme ich ziemlich sicher bis auf eine Art. Ahaerlebnis dieses Frühjahr waren beispielsweise einige Trichterlinge, wie ich dachte. Nachdem ich sie mit heim genommen hatte, zeigten sie aber rosafarbenes Sporenpulver und ich konnte den ziemlich sicher bis zum Mehlräsling bestimmen.
- Nicht entmutigen lassen: Wenn du wie oben auf Mehlräsling kommst, und du andere nach Bestätigung frägst, wirst du oft Sachen wie "Das ist aber gar keine Art, sondern ein Artenkomplex" hören. Ignoriere das, freu dich, dass du das Ganze auf einen "Artenkomplex" eingrenzen konntest. Und wenn es einmal nur "Weisssporer" ist, ist das ja auch ein Erfolg.
Viele Pilze lassen sich ohne zusätzlichen technischen Aufwand nun mal nicht genau bestimmen. Oder dir fehlt eben noch die Erfahrung zu wissen, wie genau "spermatisch" riecht.
Daneben lohnt sich jeder Kontakt mit Leuten, die sich besser auskennen, als man selbst natürlich. Die Mitgliedschaft und rege Teilnahme von Veranstaltungen von Pilzvereinen hilft da ungemein. Auf einem der Vereinsabenden wurde bspw. auch mal ein Risspilz vorgelegt - so habe ich gelernt, wie ein "spermatisch" riechender Pilz riecht.
Im Winterhalbjahr gab es daneben die letzten Jahre auch immer "Onlinevorlesungen" der ÖMG und BMG, die sehr zu empfehlen sind - im Winter hat man ja eh sonst nichts zu tun ausser vielleicht ein paar Porlinge zu bestimmen
Das war viel Text, ich hoffe, er ist verständlich, nicht zu konfus und abschweifend, stellt keine zu kontroversen Theorien auf und wird dir im Idealfall noch etwas helfen.
Viele Grüße
Michael