Hallo zusammen,
Jürgen hat mich auf dieses Thema aufmerksam gemacht, daher hier ein Kommentar von mir.
Isaria ist tatsächlich der Name für die anamorphen Stadien einiger Cordyceps s. l.-Gattungen (Cordyceps ist ja mittlerweile in zahlreiche Kleingattungen aufgespaltet). Da das mit Hypoxylon offensichtlich wenig zu tun hat, wurde Isaria umbrina von Deighton (1985) zu Nodulosporium kombiniert. Nodulosporium ist das "Form-Genus" für die Anamorphen von Hypoxylon.
Dass N. umbrinum nun ein Parasit an Hypoxylon-Arten (oder gar an anderen Pyrenomyceten) sein soll, ist ein scheinbar weit verbreiteter Irrglaube. Toffel hat das ja schon gut erklärt. Einerseits ist H. howeanum immer noch eine vergleichsweise wenig bekannte Art, die H. fragiforme sehr ähnlich sieht. So sind die Fundmeldungen von "Isaria umbrina" an "H. fragiforme" nicht verwunderlich. Jürgen, was ist denn die Quelle für Seifert bzw. diesen anderen Autoren? Betula ist ja auch ein bekanntes Substrat für H. howeanum. Dazu kommt eben, wie Toffel aufmerksam macht, dass die Anamorphe von H. howeanum oft schon etwas vor der Teleomorphe erscheint und man sie so durchaus ohne dazugehörige Teleomorphe auffinden kann. Dass sie dann u. U. auf und über alle möglichen anderen Pilze auf dem Substrat wächst ist nicht verwunderlich.
Abschließend, weil ich das recht interessant finde, noch ein paar chronologisch gelistete Quellen zur Anamorphe von H. howeanum bzw. "Isaria umbrina":
Tulasne & Tulasne (1863): Erwähnen Isaria umbrina in Zusammenhang mit Hypoxylon coccineum (= H. fragiforme), siehe Ausschnitt. Sie diskutieren diese Thematik auch noch etwas später in ihrem Werk.
Saccardo (1891): Schreibt, dass I. umbrina das Konidienstadium von Hypoxylon coccineum var. microcarpum (= H. howeanum) sei.
Traverso (1906): Beschreibt sie als Anamorphe von Hypoxylon variolosum (= H. fragiforme bzw. H. variolosum var. microcarpum = H. howeanum, siehe Ju & Rogers (1996)).
Miller (1930): Schreibt von einem Pilz namens Institale acariforme als Parasit auf H coccineum:
Greenhalgh & Chesters (1968): Keine Erwähnung der Anamorphe bei H. howe(i)anum, dafür schreiben sie bei H. fragiforme:
Petrini (1985): Klärt die Zusammenhänge zwischen Isaria umbrina und Hypoxyon howeanum endgültig auf.
ZitatAnamorph an der Basis junger Stromata sternförmig herauswachsend, braune Synnemata
bildend, das Substrat netzartig bedeckend.
[...]
Versuche, die Konidienform junger Stromata zu kultivieren, um die so gewonnenen Kulturen mit solchen, erhalten aus Ascosporen, zu vergleichen, verliefen ergebnislos. Doch die morphologische Uebereinstimmung (ausgenommen die Synnematabildung) der in Kulturen aus Ascosporen gebildeten Konidienträger mit denjenigen gefunden an jungen Stromata, lassen den Schluss zu, dass es sich bei dem häufig in Zusammenhang mit jungen Hypoxylon-Stromata erwähnten Hyphomyceten, Isaria umbrina PERS., um das Anamorph von Hypoxylon howeianum handelt.
Saccardo (1891) bezeichnete erstmals die Konidienform des jetzigen Synonyms H. coccineum var. microcarpum als I. umbrina. Traverso (1906) benannte so das Anamorph von H. commutatum var. holwayanum. (Diese Art ist nach Miller 1961 ein Synonym von H. rubigmosum. Der Typus konnte nicht überprüft werden.) Martin (1969a) stellte I. umbrina als Anamorph zu H. fragiforme, gibt aber da Ascosporengrössen von 7.5 - 15.5 x 3.5 - 7.5 pm an, diejenigen von H. howeianum einschliessend. Bei der Beschreibung von H. howeianum erwähnt er hingegen ein oranges Subiculum. Dagegen vermerkten Miller (1930) und Greenhalgh & Chesters (1968) Institale acanforme FR., bzw. Isaria umbrina als Parasiten junger Stromata von Hypoxylon fragiforme, erkennbar an den braun verzweigten Synnemata an der Stromabasis.
Petrini & Müller (1986): Zu H. howe(i)anum:
Zitatjung mit an der Basis sternförmig herauswachsendem, braune Synnemata bildendem Anamorph.
Rogers et al. (2002): Zeigen die typische Anamorphe (http://mycology.sinica.edu.tw/…ryIDString=h033&qryPart=t).
Fournier & Magni (2004): Zeigen und beschreiben die typische Anamorphe (http://pyrenomycetes.free.fr/h…l/Hypoxylon_howeianum.htm).
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Soviel ich weiß, sehen die Anamorphen von Hypoxylon üblicherweise wie weißliche Kissen aus, nicht so exotisch wie I. umbrina.
In der Natur findet man die Anamorphen in der Regel auf bzw. um junge Stromata - sie sind oft eher unscheinbar grau- bis olivbraun und sehen wie samtiger Belag aus. Insofern fällt H. howeanum tatsächlich aus dem Rahmen. Ob es aber vielleicht ähnliche Anamorphen bei außereuropäischen Arten gibt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Schöne Grüße
Gernot
Literatur
Deighton F.C. (1985): Some species of Nodulisporium. Trans. Brit. Mycol. Soc. 85: 391-395.
Fournier & Magni (2004): siehe Link oben.
Greenhalgh G.N. & Chesters C.G.C. (1968): Conidiophore morphology in some British members of the Xylariaceae. Trans. Brit. Mycol. Soc. 51: 57-82.
Ju Y.-M. & Rogers J.D. (1996): A revision of the genus Hypoxylon. The Mycological Society of America Mycologia Memoir No. 20. 365 p.
Miller J.H. (1930): British Xylariaceae. Trans. Brit. Mycol. Soc. 15: 134-154.
Petrini L.E. (1985): Untersuchungen über die Gattung Hypoxylon (Ascomycetes) und verwandte Pilze. Diss. ETH. Nr. 7729.
Petrini L.E. & Müller E. (1986): Haupt- und Nebenfruchtformen europäischer Hypoxylon-Arten (Xylariaceae, Sphaeriales) und verwandter Pilze. Mycologia Helvetica 1(7): 501-627.
Rogers et al. (2002): siehe Link oben.
Saccardo P.A. (1891): Sylloge fungorum omnium hucusque cognitorum. IX. Patavii (Typis Seminarii). 1141 p.
Traverso G.B. (1906): Flora Italica Cryptogama Pars I. Fungi Pyrenomycetae. Fasc. I. 352 p.
Tulasne L. & Tulasne C. (1863): Selecta fungorum Carpologia. II.