Wenn die regionalen Voraussetzungen es zulassen, kann es in Einzelfällen aber durchaus sinnvoll sein, Tiere wie den Biber auszuwildern. Die Voraussetzungen sind jedoch ausreichender Raum und eine naturschutzfachliche Begleitung. Biber fällen große Bäume, verändern Wasserläufe, schaffen Überflutungsflächen und neue Habitate. Sie geben den Flüssen mehr Raum und schaffen damit Puffer gegen Hochwasser und die uns künftig wohl häufiger heimsuchenden Überschwemmungen.
Ja und Nein, Claudia. Zu den regionalen Voraussetzungen für eine Wiederansiedelung des Bibers gehören ausreichende Überschwemmungsgebiete. Was nutzt es, wenn durch den Biber Überschwemmungen im Unterlauf eines Baches vermieden werden, dafür aber im Oberlauf Felder oder gar Häuser geflutet werden? Unser Land ist dermaßen zersiedelt, dass man solche Probleme kaum noch lösen, sondern höchstens an einen anderen Ort transferieren kann.
Insofern teile ich viele Bedenken von Ralf, würde aber den (ehemals) heimischen Tierarten gern eine Chance geben. Wir sind doch irgendwie mit unserem Latein der Intensivnutzung von Wald und Acker am Ende. Wölfe würden z.B. die Chance bieten, die Reh- und Wildschweinpopulation einzudämmen, die durch dem Maisanbau teilweise zerstörerische Ausmaße angenommen hat.
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Bei den (ehemals) heimischen Tierarten, oder den vom Aussterben bedrohten, sehen wir meist nur die großen. Biber, Wolf, Luchs, Wildkatze, Fischotter und vielleicht noch eine Handvoll mehr. In solche Projekte werden Unsummen investiert. Um aufzuzeigen, wie unsinnig das ist, muss ich eine Schleife drehen:
Die (ehemals) große Artenvielfalt unserer Landschaft ist zu 95 % Ergebnis einer jahrhundertealten Kulturlandschaft mit extensiver Vieh- und Waldwirtschaft. Sie ist, wenn man so will, menschgemacht. Um das zu erhalten oder wieder herzustellen, muss auch der Mensch machen. Das bedeutet, dass es in den allermeisten Fällen eben nicht zielführend ist, den Menschen von der Nutzung auszuschließen. Auf der anderen Seite besteht heute fast kein Interesse und ist es auch wirtschaftlich nicht durchzuhalten, extensive Land- und Forstwirtschaft zum bestreiten des Lebensunterhaltes zu betreiben.
In meiner Gegend z.B. gibt es Dutzende kleiner und kleinster Naturschutzgebiete. Die werden aber in fast allen Fällen sich selbst überlassen. Die Folge ist, dass sich durchsetzungskräftige Arten, wie auch Neophyten, so dominant ausbreiten, dass ein Großteil der angestammten Arten keine Chance mehr hat. Und mit den Pflanzen verschwinden auch alle Insekten die von diesen leben.
Solche Gebiete müssten "gepflegt" werden im Sinne extensiver Landwirtschaft. Und das kostet richtig viel Geld. Viel Geld kosten auch diejenigen, die von staatlicher Seite mit der Pflege und Überwachung beauftragt sind. Bei uns sind das genau zwei Personen für das gesamte Kreisgebiet mit mehr als 50 NSG. Deren Budget reicht grade mal aus, ein- oder zweimal im Jahr Pflegemaßnahmen in einem oder zwei Gebieten durchzuführen. Für mehr ist kein Geld da.
Bleiben wir beim Biber. Ich weiß nicht, welche Summen und wieviel manpower in diese Wiederansiedelungsprojekte gesteckt werden. Es dürften jedoch Millionen sein. Millionen, mit denen man eine Art wieder zu etablieren versucht. Analog dazu fließen Gelder in ähnlicher Höhe in Projekte anderer Großtierarten.
Würde man diese Gelder und diese manpower in die Pflege der bestehenden NSG stecken, könnte man damit hunderte Arten retten.
Ich kenne NSG, an deren Rand vor 30, 40 Jahren Schaukästen mit Bildertafeln bedrohter Arten aufgestellt wurden, die der Grund für die Unterschutzstellung waren und die seitdem sich selbst überlassen sind. Heute findet man hier und da noch verwitterte Reste dieser Tafeln. Die damals dort abgebildeten Arten sind fast gänzlich verschwunden oder gar lokal ausgestorben. Diese Flächen sind inzwischen artenärmer als die umliegenden, bewirtschafteten Randgebiete.
Ökonomisch gesehen kostet jeder wiederangesiedelte Biber dutzenden Kleintier und Pflanzenarten die Existenz. Und dabei darf man den langfristigen Erfolg solcher Projekte auch noch hinterfragen.
Traurigerweise ist es gesellschaftspolitisch nicht durchzusetzen, den Biber abzuschreiben um dafür Distelbock, Eisvogel, Schillerfalter, Tausendgüldenkraut, Orchideen, Hirschkäfer oder unzählige andere, den meisten Menschen vollkommen unbekannte Kleintiere zu erhalten.
Was kein Fell und große Augen hat, hat keine Lobby in diesem Land.