Guten Abend,
gestern war ich auf einem Friedhof in einem Nachbarstädtchen, den ich mir schon länger anschauen wollte. Eigentlich habe ich keine Zeit und ich hatte gehofft, nichts zu finden.
Es gibt einige ältere Bäume, aber bis zum unteren Ende des Friedhofs war kein Pilz zu sehen. Erst auf dem Rückweg standen unter einer Fichte zwei Gruppen von Pilzen, bei denen es sich dem ersten Anschein nach bei mindestens einer Gruppe um einen Egerling in der nahen Verwandtschaft des Kompost-Egerlings oder des Gegürtelten Egerlings handelt könnte.
Kompost-Egerling (bekannt als: Agaricus vaporarius, in den GPBW als Agaricus pseudovillaticus, im Index Fungorum als Agaricus cappellianus HlaváÄek , oder den
Gegürtelten Egerling (Agaricus subperonatus).
Bei Gröger (Bestimmungsschlüssel für Blätterpilze und Röhrlinge in Europa Bd. 2, S. 106-107) und der Flora agaricina neerlandica, Bd. 5 S. 37 (-> LINK) werden beide Arten als Synonym angesehen, da sich die Eigenschaften stark überlappen. Sie sind dort unter Agaricus subperonatus zu finden. In den GPBW gibt es vermutlich wegen der Verbreitungskarten zwei Einträge, aber die Beschreibung erfolgt nur bei Agaricus subperonatus. Im Schlüssel werden Unterschiede in Bezug auf die Cheilozystiden aufgeführt.
Fundort: ca 250 m hoch, Friedhof, unter einer älteren Fichte.
Wetter: vorige Woche etwas Regen, inzwischen wieder sehr trocken (Wind), in der Nacht zum Montag in der Region verbreitet Nachtfrost. Ob hier?
(1) Ein Bild vom Fundort mit den zwei Pilzgruppen.
Ob es sich bei den beiden Gruppen um dieselbe Art handelt?
Rechte Gruppe (Art Nr. 1)
(2) Hier ist ein Bild der rechten Gruppe, die offensichtlich aus älteren Exemplaren besteht.
Das Exemplar links lag schon da, da hatte jemand anders schon nachgeschaut.
(3) Die Schuppen sind sehr grob.
(4) Die Haut am Hutrand gehört eigentlich zum Ring.
Am Nachmittag habe ich zu Hause mit diesem Exemplar weitere Fotos gemacht:
(5) Unterhalb der Ringzone sind faserige Strukturen zu erkennen, ein "gegürtelter" Stiel?
Der Stiel ist deutlich gedrungener als bei der anderen Pilzgruppe: Länge ca 9 cm, Dicke ca 3 cm.
(6a) Das Fleisch rötet nach dem Schnitt stellenweise im Hut und im Stiel.
(6b) Bild (800)
Zusammengefasst:
Hut grobschuppig, Schuppen (grau-)braun,
Hutdurchmesser: ca 8 cm
Fleisch weißlich (creme), beim Schnitt sowohl im Hut als auch im Stiel an einzelnen Stellen rötend, aber nicht vollständig wie beim Waldchampignon.
Geruch: unangenehm, Verwesungsgeruch (alters- oder frostbedingt?)
Stiel: 3 cm dick (oben evtl. noch mehr), ca 8 cm lang, zur Basis hin verschmälert.
Unterhalb des Rings mit Fasern.
Fleisch KOH: negativ, hellt rötliche Strukturen auf.
Manche Autoren schreiben, dass der Stiel von Agaricus subperonatus eine verdickte Basis hat. Nicht so Fredi Kasparek:
http://www.natur-in-nrw.de/HTML/Pilze/Agaricales/PA-10.html
http://www.fredis-pilzseite.de/agaricus-subperonatus/
Ich vermute, dass es sich um den Gegürtelten Egerling (Agaricus subperonatus) sensu lato handelt, dh. inclusive Agaricus vaporarius.
Was meint Ihr dazu?
Linke Gruppe (Art Nr. 2)
(7) Die linke, jüngere Gruppe. Die Fruchtkörper sehen auf den ersten Blick kurzstielig aus.
(8) Überraschung, der Stiel ist ja sehr viel länger (Bild 780). Er ist ca 15 cm lang. Der Hut hat einen Durchmesser von ca 8 cm, der Stiel im oberen Bereich einen Durchmesser von ca 3 cm.
(9) Der Hut ist noch geschlossen.
(10) Einige Schuppen sind am Ende leicht hochgebogen. Die Schuppen sind düsterer und gröber als beim Riesenegerling (Agaricus augustus).
Da ich gestern zunächst davon ausging, dass es sich bei beiden Gruppen um dieselbe Art in verschiedenen Altersstufen handelt, habe ich das jüngere Exemplar nicht so genau untersucht.
Leider hatte ich gestern keinen Schnitt durch den Fruchtkörper vorgenommen. Heute verfärbt sich das Fleisch nach dem Schnitt schwach bräunlich, nicht rötlich. Der Geruch iist heute (wie gestern) wenig angenehm, aber nicht so stark wie beim Exemplar oben.
Inzwischen habe ich starke Zweifel, ob es sich um dieselbe Art handelt, da z.B. unterhalb vom Ring die faserige Struktur fehlt. Auch die Proportion zwischen Hut und Stiel ist ganz unterschiedlich.
Wegen der Form des Stiels hatte ich zunächst an den Spindelfüßigen Egerling (Agaricus bohusii) gedacht. Aber dann habe ich gesehen, dass dieser extrem selten ist und vor allem in Stromtälern vorkommt. Mit KOH soll das Stielfleisch gilben.
Also doch evtl. ein Riesenegerling? Es wird wohl ungeklärt bleiben. Trockenheits- oder Frostschäden machen das Bestimmen öfters unmöglich.
Also: Agaricus spec. ?
Falls jemand meint, er hätte von mir schon mal so was ähnliches gelesen. Das stimmt: voriges Jahr hatte ich bei einem Pilz in meinem Garten auch den Verdacht auf den Kompostegerling (-> LINK) Aber damals war das Exemplar zu alt. In diesem Jahr ist es bisher nicht wieder aufgetaucht.
Viele Grüße
Lothar