Deine theoretischen Überlegungen/Fragen finde ich sehr bemerkenswert; weil ich einmal meinen persönlichen Pilzschlüssel erstellen wollte, kommen mir solche Reflexionen auch vertraut vor. Der ganz große Pilzexperte bin ich nicht, aber vielleicht helfen dir die folgenden Ausführungen trotzdem ein bisschen weiter:
Zunächst ist das, was du dir wünschst, nämlich einzelne, eindeutige Unterscheidungsmerkmale, vermutlich das, was sich jeder wünscht - was es aber leider selten gibt. Manchmal existieren solche Merkmale, in den weitaus häufigeren Fällen aber eben nicht.
Eine Pilzgattung hat meist ein ganzes Konglomerat von ÜBLICHEN Merkmalen, die auf konkrete Arten zwar MEISTENS zutreffen, aber es gibt eben meist kein Merkmal, das für ALLE Arten der Gattung zutrifft - und das sie zugleich von allen Arten AUSSERHALB der Gattung unterscheidet.
Es führt also meist kein Weg daran vorbei, auf mehrere, auf verschiedene Merkmale zu achten. Deshalb erscheinen mir die üblichen Bestimmungsschlüssel auch nicht ganz zweckmäßig, weil sie mit Gewalt die Komplexität der (Pilz-)welt auf eindeutige "ja" - "nein" Entscheidungen herunterbrechen wollen. Das mag mit viel Verbiegungen sogar halbwegs funktionieren, aber das macht diese Schlüssel hochkomplex und wenig praktikabel und vor allem unintuitiv.
Außerhalb der Pilzwelt funktioniert das Erkennen übrigens auch nicht nach dieser Methode! Eine Person z.B. erkennt man ebenfalls nicht an dem EINEN, eindeutigen Merkmal - und kommt im Übrigen auch gar nicht auf die Idee, dergleichen zu versuchen. Oder nehmen wir das Beispiel Automodelle: Fast jeder weiß, wie ein VW-Käfer ausschaut und würde einen solchen problemlos auf der Straße erkennen. Aber gibt es das EINE Merkmal, das den Käfer sicher von anderen Autos unterscheidet? Und selbst wenn es ein solches Merkmal gäbe: Kaum ein Mensch ginge so vor, dieses eine Merkmal heranzuziehen, um einen Käfer zu erkennen. Das wäre einfach weltfremd und unpraktikabel. Warum man es bisweilen bei Pilzen so versucht (auch ich übrigens) ist eine Frage, die ich noch nicht ganz zu Ende reflektiert habe. Wahrscheinlich geht man nur in Situationen so vor, solange man sich noch gar nicht gut auskennt. Und wer kennt sich mit den Geheimnissen der Pilzwelt schon gut aus...?
Also MEHRERE Merkmale beschreiben normalerweise eine Pilzgattung, nicht ein einziges. Und wenn man sie kennt und tausendmal gesehen hat, dann erkennt man einen Champignon (meist) intuitiv und zwar selbst dann, wenn ein einzelnes Merkmal dem Idealbild eines Champignons krass widerspricht.
Erschwerend kommt übrigens hinzu, dass die Definition vieler Pilzgattungen noch lange nicht abgeschlossen ist. Wie soll man z.B. "Rüblinge" erkennen, wenn die Wissenschaft sich noch gar nicht einig ist, was ein Rübling genau ist und ob es diese Gattung überhaupt gibt??
Aber um auch eine kleine konkrete Hilfe zu leisten: Die von dir genannten Gattungen kann man, finde ich, recht einfach voneinander abgrenzen (bei anderen ist es viel schwieriger). Champignons haben freie Lamellen, bei den beiden anderen Gattungen sind die Lamellen am Stiel angewachsen. Das Sporenpulver (und damit auch die Lamellen bei ausgewachsenen Exemplaren) sind bei Träuschlingen fast schwarz, bei Ackerlingen braun.