Puh, komplexes Thema, aber ich versuch's mal. In meiner Darstellung mögen "Fehler" sein, weil ich mich besser mit der Zoologie auskenne, und in der Botanik (und zu der werden die Pilze immer noch gerechnet) sind einige Dinge ein bisschen anders.
Also, zunächst einmal gibt es nicht wirklich eine allgemeingültige Regel, was nun eine Art, Gattung oder Familie (oder sonstige taxonomische Gruppe) ist. Es gibt immer nur Meinungen von Experten in einem bestimmten Bereich, daher wird auch ständig umgruppiert. Früher (also seit Linnaeus - Carl von Linné, der das System mit dem Gattungs- und Artnamen eingeführt hat) wurden Gruppen von Arten zunächst nach äußerlichen Ähnlichkeiten zusammengefasst. Wie ähnlich denn nun verschiedene Arten sein sollen, damit sie eine Gattung bilden, ist dem Experten überlassen. Oft - aber nicht immer - liegt es auch an der Menge des Materials - je mehr Arten man hat, desto mehr Unterschiede entdeckt man oft, und wünscht sich dann, dass man einzelne Arten abspaltet, weil sie einander ähnlicher sind als andere Untergruppierungen. Ob dann eine Untergattung oder eine neue Gattung geschaffen wird, ist ebenfalls Ansichtssache (naja, also begründen sollte man das schon in einer Veröffentlichung).
Dieses System hat früher dazu geführt, dass Arten gruppiert wurden, die zwar ähnliche Merkmale haben, aber eigentlich gar nicht verwandt sind. Mit "verwandt" ist hier Verwandschaft im Sinne von evolutionärer Abstammung gemeint - und damit kommen wir zu neueren Ansätzen.
Neuerdings versucht die Wissenschaft, Arten zu gruppieren, die gemeinsame Vorfahren in der Entwicklungsgeschichte haben. Das kann man natürlich nicht genau wissen, die sind ja schon tot, aber durch die Analyse von Merkmalskombinationen kann man sogenannte "phylogenetische Analysen" durchführen. Das Ergebnis ist im Prinzip ein Stammbaum. Aber natürlich kommt es da auch auf die Wahl der Charaktermerkmale an, und wie die Analysen genau durchgeführt werden, und somit gibt es auch da Diskussionen.
Neuerdings werden natürlich genetische Untersuchungen durchgeführt, aber auch das bringt keine endgültige Antwort. DNA-Moleküle (oder genauer die Abfolge von Basenpaaren, den Bausteinen der DNA) sind auch nur Charaktermerkmale, und wiederum liegt es im Ermessen des Experten, wann eine Zugehörigkeit zu der selben Gattung gegeben ist. Bei 99% Übereinstimmung der Basenpaare? Bei 95%? Wie genetisch ähnlich müssen sich Organismen sein, damit man von einer "Gattung" sprechen kann?
Wie ihr seht, ist das also alles überhaupt nicht klar definiert, und das ist in jeder Disziplin ziemlich unterschiedlich gehandhabt, je nach vorherrschender Expertenmeinung und Wissensstand.
Was allerdings schon ziemlich reguliert ist, ist wie genau Arten/Gattungen/Familien benannt werden, was gegeben sein muss, damit eine Art (formell) als neue Art anerkannt wird, etc. Diese Regeln sind in verschiedenen Regelwerken dokumentiert, und unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Disziplinen (Botanik, Zoologie, Bakterien) z.T. erheblich. Pilze werden hierbei übrigens unter dem "International Code of Botanical Nomenclature" - dem internationalen Regelwerk für botanische Nomenklatur, also Namensgebung, gehandhabt. Das hat nur historische Gründe, wie ihr ja alle wisst, sind Pilze keine Pflanzen.
Soweit erstmal... hoffe, das war einigermaßen verständlich... falls ihr Fragen habt, immer her damit.